27. März 2009

Szenenwechsel

Gestern war es noch ein strahlender Vorfrühlingstag, heute Morgen ist die Welt vor dem Fenster weiss.

- Schon gestern setzte der Südostwind ein, brachte feucht-kalte und rohe Luft von der Ostsee mit sich und heute ist ein reiner Wintertag.

- Gestern noch reckten die Krokusse ihre Blüten der Sonne entgegen, heute sind sie von Schnee bedeckt und es sieht ganz danach aus, als würde es noch eine zeitlang weiterschneien.

- Und wie immer wenn es schneit, so wird die Welt noch leiser im Wald und die Stille breitet sich aus.

- Selbst die Vögel piepen nur leise heute, wo noch gestern bei den Meisen volles Leben war und Revierstreitigkeiten auf der Tagesordnung standen.
Die sind heute beigelegt, kosten sie doch zu viel Energie die besser gebraucht wird um mit dem Schneetreiben klar zu kommen.

- Auch ich habe heute erstmal keine Lust auf eine Wanderung im Wald, sondern werde am Ofen sitzend meine Nase hinter einem Buch verstecken.Und heute ist der passende Tag, um mein erstes Brot hier oben auf „Svenserum“ in den Holzofen zu schieben. Der Hefeteig ist gesetzt und ich bin sehr gespannt auf das Ergebnis.
Klappt es nicht im Küchenofen, dann kommt es kurzerhand in den Kamin, denn die Steine sind heiß.

- Zumindest wird es gut duften im Häuschen!


- Es ist nicht gerade verlockend an solch einem Frühlingstag lange draußen zu sein.

24. März 2009

Nordanvind

Gestern kam er, ein Gruß von König „Bore“, geschickt auf den Flügeln des Windes und mit Schnee als Briefmarke.

- Minus fünf Grad zeigte das Thermometer heute Morgen und ein schneidender Nordwind blies.

 - Wo ist der Frühling geblieben der noch vor ein paar Tagen, passend zum astronomischen Frühlingsanfang auch einen Kranichpflug am Himmel mit sich brachte?

- Vielleicht fünfzig dieser majestätischen Vögel zogen auf ihrem Weg gegen Norden und der Anblick ist immer wieder ein besonderes Erlebnis für mich. Was sie sich wohl zurufen mögen auf ihrem Flug in Richtung Brutstätte und Sommer hier oben im Norden?

- Ich wünsche ihnen, wie jedesmal, ein laut ausgesprochenes "viel Glück" auf ihrem Weg, ob nun nach Norden oder in schon fünf Monaten wieder in Richtung Süden.

- Heute fliegen sie sicher nicht weiter gegen Norden sondern warten auf Mitwind aus südlicherer Himmelsrichtung.

- Aber einen Ausflug zum höchsten Punkt hier in der näheren Umgebung lockt trotz dem Wetter und unter rauschend Baumkronen mache ich mich auf den Weg quer durch den Wald, sehe dabei vier Rehe und einen jungen Bussard.

- Wie anders es am Tag ist, denn da rauschen die Baumwipfel nur im Wind, während des Nachts ganze Geschichten erzählt werden für den der zuhören mag.

- Denn mächtig sind sie, die Bäume, können sie doch selbst aus einem Felsblock wachsen.

 

20. März 2009

Gleichgewicht

Heute ist einer der zwei Tage an denen die Erde im Gleichgewicht mit der Sonne ist. Denn heute geht sie genau im Osten auf und im Westen unter, steht im Zenit über dem Äquator und der Tag ist gleich lang für alle die auf dem gleichen Längengrad leben.

- Endlich liegt der Winter hinter mir, die dunkle Jahreszeit ist spätestens heute gebrochen worden und die Zeit des Lichtes nimmt wieder ihren Anfang.
Und die Welt lebt auf. Beim Freiräumen des alten Weges von jungem Gesträuch ließ mich ein Flügelrauschen nach oben schauen, und wenn ich richtig gesehen habe, dann maßen zwei junge Seeadler ihre Kräfte. Da wurde es still von der Rabenkolonie die hier oben ihr Spiel treibt.

- Den ganzen Tag höre und sehe ich sie, fühle mich beobachtet von diesen schlauen Vögeln denn sie wissen genau was ich hier oben tue, diese kunstvollen Flieger die auch ich beobachte und...hast Du es nicht gesehen, so fliegen sie selbst auf dem Rücken!
Odin, der „Alte und Einäugige“ hatte „Hugin und Munin“, oder „Gedanke und Erinnerung“ die allerdings noch obendrein weiße Raben waren, als Begleiter die er jeden Abend ausschickte um Kunde von der Welt zu sammeln, und nach drei Jahren in Gesellschaft mit dieser Kolonie hier oben kann ich gut verstehen, warum der Rabe so eine Stellung in der Phantasie von der Götterwelt bekommen hat.

- Diese Vögel haben mehr als nur Instinkte! Zumindest bilde ich mir als Mensch das ein, der von sich das Gleiche annimmt.

- Ist die Erinnerung nur ein Gedanke, oder ist der Gedanke nur eine Erinnerung?


- Vielleicht, so frage doch einfach wie Odin "Hugin und Munin" - die Raben!

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18. März 2009

Geräuchertes

Svenserum“ ist für mich eng verknüpft mit dem Geruch von Feuer und Rauch.

- Sobald ich die Tür öffne, so spüre ich den Geruch von ihm. 

- Der Küchenofen ist einfach schwer geflirtet, und nicht bevor der Kamin heiß ist, so hört er auf ab und an Rauch auszupuffen und schon riecht es danach im Haus. Und jemand, der nach Rauch riecht, ist ein „armer“ Mann, denn der sitzt im Wald und hat für díe „Segnungen“ des modernen Lebens zu wenig Geld.

- Ganz unrecht ist dieser Gedanke wiederum nicht wenn ich in meiner Vorstellung  gerade mal nach Afrika oder Indien reise. So viele Menschen sind noch immer auf das Feuer angwiesen um zu überleben.

- Ohne Feuer wäre es allerdings auch nicht möglich hier zu sein, vor allem im Winter oder gar jetzt im Vorfrühling.

- Für mich ist die Holzversorgung zwar kein Problem, ich habe für das nächste Dezennium genug auf dem eigenen Grund, aber es ist keine Alternative für uns Menschen. Denn alles was mit Verbrennung zu tun hat, hat die Zukunft leider hinter sich.

- Leider, denn ein Feuer ist etwas zutiefst mit dem Menschsein Verbundenes, schenkt es uns doch Wärme, Licht, Energie zum Kochen, Sicherheit und nicht zuletzt dieses Gefühl von Geborgenheit.

- Nur, diese Zeit ist vorbei denn unsere Erde leidet schon jetzt an Rauchvergiftung.

- Aber ein Feuer ist ein Feuer ist ein Feuer.

 

17. März 2009

Der Weisheit Vogel

Noch ist er zu hören, ja sogar zu sehen. Der Uhu lebt noch und lässt seine Stimme hören.
- Die Eule ist das Sinnbild für die Weisheit, vielleicht weil sie unhörbar fliegt, vielleicht weil sie des Nachts aktiv ist so wie viele Bücherleser, vielleicht weil sie einen scharfen Blick selbst in der Dunkelheit hat, oder ganz einfach weil sie voller Geheimnisse steckt.
- Vor ein paar Tagen habe ich ihn gehört, und gestern habe ich den Uhu sogar fliegen sehen. Zwischen Tag und Nacht ist der Vogel unterwegs, im Riss zwischen den Tageszeiten ist er aktiv.
- Der Ruf des Vogels ist alt, sein „Uhuhh“, weich und dennoch stark war durch die Vornacht  zu hören gewesen lange bevor der Mensch seine Stimme erhoben hat.
- Aber die menschliche Stimme hat an Lautstärke zugenommen, und leider wird der Ruf dieses „weisen“ Vogels immer weniger zu hören sein, bis er letztendlich ganz verstummen wird
- Damit wird dieser Welt wieder einmal ein Stück Weisheit verloren gegangen sein.

- Leider, denn gerade Weisheit hat diese Welt meiner Meinung nach bitter nötig!

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10. März 2009

Auf dem Heimweg

Übermorgen, in aller Frühe, bin ich wieder unterwegs und diesmal ist der Weg leicht, gehe ich doch sechs Wochen Freiheit entgegen. 

- Und da morgen noch einmal ein anstrengender Tag auf mich wartet, ausserdem die Übergabe vorbereitet sein muss, so will ich diesen Beitrag schon heute veröffentlichen.


- Was das letzte Stück von meiner Reise betrifft, so bekam ich einen Brief von "meinem Weg", und der hat mir so gut gefallen, weil so treffend, ich will den Inhalt mit Erlaubnis der Verfasserin hier zugänglich machen.

- Brief von "meinem Weg"

Du hast über mich geschrieben: Mich Deinen einfachen Waldweg. Du hast mich wirklich wahrgenommen, mein Steigen und Schwingen, die Spuren der Arbeit, die Steine, weiche und härtere Strecken. Du wartest darauf, mich wieder gehen zu können, gehst mich in Gedanken schon.
Weißt Du, wie sehr mich das freut? Wir Natur-„Dinge“ sind keine leblosen Dinge. Nein, ich bin aus Erde, aus Steinen, über mich werden die gefällten Baumstämme gezogen, mich deckt der Schnee, härtet der Frost, mich erweicht Schmelzwasser, durchfeuchtet der Regen - ich bin lebendig wie Du, der Heimkehrer auf meinem Rücken, bin ein Stück Erde, das ihr Menschen zu etwas geformt habt, was Euch so unendlich wichtig ist: ein Weg.
Geduldig habe ich auf Dich gewartet, Dich
Aber nur Menschen tun mir wohl, Maschinen sind eigentlich zu schwer für mich. In meine weicheren Teilen graben sie tiefe Spuren wie die Traktoren bei der Holzarbeit. Spuren nicht anders als Mühe und Leid Falten in Euer Antlitz graben.
Ich komme Dir eigentlich entgegen, hole Dich ab, wenn Du aus dem Bus steigst, leite Dich herauf zu der Stelle, wo Dich die Bäume erwarten.
Ich fühle Dich auf mir innehalten und hineinhorchen in den Wald. Dein kaum merkliches Lächeln, wenn Du den kleinen Fluß rauschen hörst, dieses Lächeln sickert über tausend Spuren bis zu Deinen Fußsohlen, wie das Wasser bei Tauwetter in mich einsickert und so spüre auch ich, der Weg unter Dir: Du erinnerst Dich, Du lauschst auf das lebendige Fließen. Erster Schritt der Heimkehr, erstes Päckchen Last, das Du auf mir zurückläßt von sechs Wochen Verantwortung.
Der nächste Schritt ist schon etwas leichter, ich spüre das, ist eine Spur befreiter. Du und ich, dein Heimweg wir steigen bergab ins kleine Tal. Du gehst schneller, sicherer als bei der Heimkehr im Dezemberdunkel. Die finstere Decke ist schon vom Jahr genommen, die Sonne nimmt zu an Kraft und im Dämmerlicht helfen Deine Augen mit. Heute aber schickt das Frühlingsahnen in die seeschweren, fahrtbleiernen Füße eine Spur Leichtigkeit. Es ist schon zu dunkel und doch nehmen Deine Augen den violetten Hauch an den Birken wahr oder vielleicht sehen auch nur die Augen des Wissens ...
Selbst ich, der Weg, der hier härter ist, kann es fühlen, denn wie gesagt, ich bin lebendig. Ich bin ein Stück Erde, mit euch und durch euch Menschen das geworden, was euch so wichtig ist, daß ihr Bilder davon malt, Geschichten erzählt, Gedichte schreibt: ich bin ein Weg. Dein Weg jetzt nach Hause und später wieder fort, ein Weg zum Kommen und Gehen.
Die verschlungenen Wege, die Irrwege, die oft nur Umwege sind oder Schleichwege, weil Straßen viel zu breit und laut sind, um zum Wesentlichen zu führen.
Aber jetzt komm, ich spüre durch Deine müden Schritte, sogar durch das Stehen ahne ich ein Wippen, ein Vibrieren Deiner Sohlen, die Ungeduld, das Weiterwollen, die Sehnsucht. Komm herauf den letzten Anstieg durch den Kiefernwald, komm, aufwärts miteinander. Nun wie ein weißes Ausrufezeichen der Schornstein. Nein, Du siehst ihn nicht mehr im Dämmer, aber Du erkennst ihn.
Komm, wir schwingen links, biegen energisch nach rechts:
Und auf diesen Moment habe ich die ganzen Auf-ab-auf-ab-auf-800-Meter gewartet, Du atmest hinunter bis in Deine Wurzeln- Ja, der Törn ist vorbei, Du bist zurück, daheim in Deinem Reich! Ich entlasse Dich nur schwer, dich bewußten Gänger. Doch Dein Haus erwartet dich, wie ich dich erwartet habe. Geh den letzten Schritt, zum Stall, die Finger finden den Schlüssel von selbst im Versteck, sperr auf ...
Dein altbekannter Weg nach "Svenserum".

- Danke Dir Schreiberin für Deine "Wegbeschreibung" und auch Dir, Leserin und Leser für Dein Interesse an meiner einfachen Schreiberei.

Kap Horn 
der jetzt erstmal eine wohlverdiente Pause hier oben auf "Svenserum" benötigt, um wieder Kraft zu sammeln.


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9. März 2009

Vollmond

Ich komme gerade einen oder zwei Tage zu spät nach „Svenserum“ um den Vollmond zu erleben, aber wenn es sternenklare Nächte gibt, dann erfahre ich den Wald dennoch in dem Silberlicht unseres Trabanten.

- Es kann dann so hell sein, dass die Bäume Schatten werfen und die Welt hier oben zeigt sich wieder einmal in ihrer ganzen magischen Schönheit.


- Ein Erlebnis ist es bei Vollmond zur See zu sein und die glitzernde Mondstrasse im Wasser spielen zu sehen, aber unterwegs im nachthellen Wald zu sein ist wesentlich unmittelbarer.
Ich habe schon einmal geschrieben wie sich der Wald des Nachts in ein anderes Wesen verwandelt oder besser, wie es leichter wahr zu nehmen ist, da die Sinne anders geschärft sind.



- Es herrscht eine gewisse Stimmung wenn es dunkel ist und ein harter, kalter Wind durch die Baumwipfel fährt. Dann sind die „Geister“ am liebsten unter sich, und nicht immer ist das worüber man sich bespricht menschenfreundlich. Da kann Unmut und selbst Wut hochkommen über diese Zweibeiner und deren Behandlung der Natur.
Aber eine versilberte Mondnacht ohne fliegende, vom Wind getriebene Wolkenfetzen die am Himmel entlang gejagt werden, so ist die Stimmung eher heiter und freundlich. Da wird von guten Erinnerungen erzählt und fast ausgelassen können sie sein, die „Zurückgezogenen“.

- Und wer genau hinhört, der kann gar das helle, spröde Klingen der Schneeglöckchen erahnen in einer solchen Nacht.


- Jetzt, da es endlich gegen Frühling geht, scheint selbst das Licht beim Mondaufgang wieder wärmer.

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7. März 2009

Altbekannter Weg!

Ja, bald werde ich ihn wieder gehen, den mittlerweile altbekannten Weg.
- Weniger als eine Woche trennen mich nun davon und ich mache mich im letzten Dämmerlicht wieder auf den Weg, der mich in eine völlig andere Welt führt.
- Ein kurzer, steiler und steiniger Anstieg und dann umfängt mich der Wald. Meist bleibe ich hier erst einmal stehen und höre dem kleinen Fluss zu, erinnert er mich doch an meine alte Heimat. Hier ist fliessendes Wasser leider selten und schon von daher ein Genuss für meine Ohren.
- Entlang dem ebenen Weg links an der Wiese vorbei und weiter zu dem Holzplatz, wo die Traktorspuren noch deutlich sind von der Winterarbeit hier.

- Dann wieder bergab in das kleine Tal, rechts hohe Tannen und Kiefern, links das Birkenwäldchen, jetzt langsam ins Violette schimmernd. Hier verlieren sich dann auch die Traktorspuren denn der Weg ist härter.
- Oft bin ich den Weg schon im Dunkeln gegangen, aber nun müsste ich das letzte Tageslicht gerade noch erwischen. 

- Und jetzt kommt der letzte Anstieg hoch auf 68 Meter über dem Meer durch den Kiefernwald, den der Bauer vor über 40 Jahren selbst angepflanzt hat.

- Auf halber Strecke sehe ich den weißen Schornstein durch die Bäume leuchten und damit weiss ich: das "Torp" steht noch. Dann eine leichte Linksbiegung und anschließend 90 Grad nach rechts und „Svens Lichtung“ tut sich auf.
Ich bin nach fast sieben Wochen wieder in meinem Reich das mir mittlerweile so vertraut geworden ist und hier werde ich zum ersten Mal wirklich tief ausatmen und diesen harten Törn hinter mir wissen.

- Der Besitzer und Verwalter von "Svenserum" ist wieder da!

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6. März 2009

Herr über die eigene Zeit

Es ist schon ein eigenartiges Leben, das ich führe.

- Mal bin ich von einer stählernen Welt umgeben, selbst wenn ich die See um mich habe. Es ist laut und immer unruhig, mal ist es eine hölzerne Welt, leise, ruhig und von lebender Natur umgeben. Wochenlang bin ich gefordert, manchmal bis zum Letzten, dann wieder habe ich das Gefühl, unbegrenzt frei zu sein. An Bord will ständig jemand irgendwas von mir, im Wald im Grunde genommen niemand.


- Das sind zwei recht gegensätzliche Pole und in der Spannweite dazwischen versuche ich mein Leben zu leben.

- Jetzt habe ich alles in allem über zwei Jahre an Bord von diesem Schiff verbracht und es ist natürlich eine Art von zu Hause geworden. Und auch hier oben im Wald habe ich langsam Wurzeln bekommen die immer tiefer wachsen.
Aber beide Arten haben dann doch Gemeinsamkeiten: das was für viele das „normale“ Leben ist, gibt es für mich weder zur See noch im Wald.
Beide sind von Natur umgeben die in der Mythologie schon immer eine Rolle gespielt haben und in der Psychologie als ein Sinnbild für das „Unbewusste“ gedeutet werden.
Ein Hauch von Kloster, Zelle oder gar Gefängnis kann über beidem schweben weil abgeschieden von der Welt. So gesehen ist es wirklich nur ein kleiner Unterschied.

- Oder?

- Es gibt da nämlich einen, der stellt alles Andere in den Schatten:


 - Hier bin ich Herr über meine eigene Zeit!

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5. März 2009

Wie Nacht und Tag!

So groß wird wieder einmal der Unterschied sein, wenn ich in ungefähr einer Woche von Bord gehe.

- Diesmal liegt nicht nur die „normale“ Arbeit, sondern auch ein Werftbesuch hinter mir. Das ist eine intensive Zeit für jedes Schiff und erst recht dessen Besatzung.

- Die eine Stunde ist noch alles wie gewohnt, die nächste ist das gesamte Schiff ein Durcheinander von Material, Werkzeug und vielen fremden Menschen. Da wir geschweißt, gehämmert und geschliffen, das Metall ist ein lautes Material und nur mit Hitze und Gewalt zu bändigen. Überall wird es schmutzig, und Inferno ist das einzig passende Wort das mir dazu einfällt.

- Viel will besprochen werden, am Besten gleichzeitig, ist doch die Zeit immer knapp und teuer. Die Nächte werden durchgearbeitet damit Sachen so schnell wie möglich fertig werden.

Wieder einmal unterw

...und hier ging der Brandalarm, also im Sprung meinen Platz einnehmen, zum Glück nur Rauch wegen Schweißarbeiten, aber vor ein paar Wochen, so brannte es im Maschinenraum. Kurzschluss und Kabelbrand, ein Matrose war schnell mit einem Feuerlöscher da und konnte die Flammen ersticken bevor es wirklich gefährlich wurde.

- Jetzt habe ich natürlich den Faden verloren, aber sei´s drum.

- Die Flamme mag zwar eine gute Verbündete für mich sein auf "Svenserum", aber sie ist definitiv keine gute Herrin. Schon gar nicht auf einem Tankschiff. 

- Kein Wunder also, dass es mir wie Nacht und Tag vorkommt wenn ich wieder an Land bin!

- Zwei verschiedene Blütenfarben an der gleichen Pflanze. Daher ihr passender schwedischer Name: „natt och dag“.

 

3. März 2009

Reich an Arbeit

Es sind vielleicht gerade mal zwei Mannesalter her und das Arbeitsleben sah für die Menschen hier in den Wäldern ganz anders aus. Die Tage waren lang und harte körperliche Arbeit war für die Meisten ein tägliches Muss.

- Diese vielen Mauern, die man in Småland (kleines Land) aufeinander geschichtet hat, sind laut einem schlauen Kopf mehr als die beiden Cheopspyramiden zusammen. Alles um dem Wald ein Stück Ackerland abzugewinnen und groß wurden die Äcker nie, daher der Landschaftsname. Die Sparsamkeit der Menschen hier ist noch immer sprichwörtlich in Schweden, denn die Armut war recht groß.

- Eine der richtig niedrigen Arbeiten war die des Köhlers. Auch wenn es eine Kunst war, einen Meiler aufzubauen und die Verkohlung in Gange zu halten, auch wenn man Tag und Nacht sich um diesen Vorgang kümmern musste, so war die Arbeit einsam und sehr schlecht bezahlt. Da hauste der Köhler in einer Hütte, die nicht viel größer als ein Zelt war, eine einfache Pritsche mit dem was der Wald gab als Matratze, ein einfacher Herd oder nur eine offene Feuerstelle an der schmalen Stirnseite. Mit Erde und Moos gegen die Kälte abgedichtet und viel mehr war es auch nicht.

- So ein Meiler konnte eine Woche kohlen und da musste man auch nachts immer wieder nach dem Rechten schauen. Ungesund und gefährlich war die Arbeit obendrein, denn bei der Verkohlung entstand ja meist Kohlenmonoxid, ein wirklich giftiges Gas.

- Manchmal frage ich mich ob es außer der Bezahlung und dem Luxus der mich umgibt, so viel besser geworden ist. Ich muss zwar nicht in einem Erdhügel hausen, aber auch ich schlage mir die Nächte um die Ohren, unterwerfe mich einer Maschine, bin in der Zeit an Bord wie alle anderen auch ständig müde, nie wirklich ausgeschlafen und wie der Köhler von meiner Umwelt abgeschnitten.

- Dazu kommt noch der Druck von alle Seiten, Behörden, Reeder, Inspektoren der Ölgesellschaften, Charterer und so wie jetzt der Werft. Da muss alles schnell gehen, ist kaum Zeit zum Atem holen, die Papierflut wächst für jeden Monat und hat mittlerweile groteske Ausmaße angenommen. 

- Und statt im Wald zu wohnen, so wohne ich das halbe Jahr über in einem schwimmenden Industrielokal wo ständig irgendein Brausen und Brummen oder schlicht und einfach der Radau mich umgibt. Außerdem, letztendlich ist die Arbeit auf einem Tankschiff im Grunde genommen naturwidrig.

- Vielleicht ist es an der Zeit, wieder einen neuen Kurs einzuschlagen, neue Wege zu gehen.

 

2. März 2009

Entzugserscheinungen

Eigenartig, wie mich dieses Haus beeinflusst.

- Irgendwann schrieb ich einmal darüber dass ja niemand von uns die Tragweite seiner Entscheidungen wirklich überblicken kann, denn kein Mensch kann ja in die Zukunft schauen.

- Ich gehe jetzt dem dritten Frühling entgegen und noch immer übt dieser Platz seinen Einfluss und auch seine Faszination auf mich aus. Es ist noch immer wieder eine Art neuer Erfahrung an dieser Stelle so viel Zeit zu verbringen.

- Dadurch dass auch ich hier weiterbaue, so bekomme ich natürlich immer mehr Wurzeln und setze auch meinen Prägel dem Platz auf in der Reihe der Besitzer. Bin ich doch der fünfte Eigentümer von „Svenserum“.

- Jetzt habe ich über einen Monat meinen Fuß nicht über die Schwelle gesetzt und mir fehlt tatsächlich nicht nur die Ruhe, sondern ja, auch die Einsamkeit von „Svens Lichtung“. Wie ich mich langsam doch daran „gewohnt“ habe, einfach auch Tage in Schweigen zu verbringen und mittlerweile ist es tatsächlich zu einem „Erlebnis“ geworden, das  ich nicht missen will.

- Ja, es fehlt mir mehr als ich mir denken konnte, damals, als jeder immer mit der Frage kam: „Ja, aber ist es nicht sehr einsam gelegen?“ Eine Frage auf die ich keine Antwort geben konnte bevor ich es nicht ausprobiert hatte.

- Die Antwort lautet jetzt: "Ja, es liegt recht einsam, und ja, es ist richtig und gut so."

- Ich habe allerdings auch zwei starke Verbündete um die Kunst des Schweigens und Einsamseins zu erlernen. 

- Die Eine heißt Flamme, der Andere Wald!

 - Ein sehr geduldiger Lehrmeister und ein guter Zuhörer ist er,  der Wald.