28. April 2009

Ein Hauch von Melancholi

Ob es an dem blauen Licht liegen mag oder dem Wissen darum, wie kurz der Sommer ist hier oben im Norden?
- Trotz dem langsam erblühendem Frühling, so schwebt immer ein Hauch von Melancholi durch die Luft wenn die Tage wieder länger werden.
- Das Wissen um die schnelle Vergänglichkeit ist tief verankert in den Menschen die im Norden leben, und auch ich habe nach 25 Jahren gelernt, warum.
- Jetzt kommt die lang ersehnte, lebensfreundliche Zeit, jetzt empfängt mich "Svenserum" nicht mit Plus 2 Grad wenn ich ein einem Monat wiederkehre, jetzt muss ich kein Holz mehr schleppen und zwei Öfen in Gang halten um nicht zu frieren, jetzt können die Fenster weit auf stehen und die Natur wird mein gerngesehener Gast in der Stube sein, jetzt zieht der Wald bei mir ins Haus ein.
- Ich werde nie vergessen, als ich vor Jahren einen strahlenden Februartag beschwingt von der Sonne morgens in die Schiffsmesse kam und sagte dass wir jetzt den hellen Zeiten entgegen gehen als die Antwort des Kapitäns mir allen Wind aus den sonnengeblähten Segeln nahm: „Ja, ja, schon bald ist Mittsommer!“ Und das über drei Monate bevor es soweit sein sollte!
- Nun kommen die langen Nächte mir aller Gewalt, und die Tage werden fast greifbar länger für jeden einzelnen von ihnen der verstreicht und bei klarem Himmel ganz sachte und ohne es beinahe zu merken in einen blaugehauchten Abend übergehen.
- Die untergehende Sonne zieht ohne erkennbare farbliche Übergänge die Decke der Nacht mit einem immer tiefblauer werdenden Himmel von Nordosten aufsteigend mit sich und deckt den Tag erst weit nach zehn Uhr im damit Nordwesten zu.
- Das lang erwartete Licht nimmt bald vollständig die Überhand, macht die Nachtmitte zum seltsam magischen Erlebnis. Ist doch die Dunkelheit selbst dann gebannt.
- Und doch trägt jeder das Bewusstsein in sich, wie schnell die Sonne ihren höchsten Punkt erreicht und der Sommer wie ein Traum erscheint hier oben im hohen Norden.

- Aber dennoch, diese Nächte die jetzt vor mir liegen, sie sind ihren Preis wert.

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25. April 2009

Waffelhäuschen

Gehört hatte ich schon von diesem Platz, denn Waffeln mit Multebeeren und einem starken Kaffe gehören einfach zum Langlauf in der Fjällwelt.

- Nach 10 km durch leichten Nieselregen sehe ich ein paar alte Gebäude und denke, hier könnte es sein, als ich den alten Hof sehe der mich sofort an mein Torp erinnert. Leider Fehlanzeige.

- Aber nur ein paar Kilometer weiter, so taucht noch eine alte Hütte die zu dem Hof gehörte auf einer schneebedeckten Lichtung in dem spärlich wachsendem Krüppelbirkenwald auf. Schutz vor dem Wetter!

- Grau von Wetter, Wind und Zeit, grasbewachsenes Dach zur Isolation, nicht größer als meine „gute Stube“ in Svenserum. Leichter Rauch kräuselt sich aus dem Schornstein, anklopfen und eine ältere Norwegerin macht auf, redet mich in das Zimmer, redet mit mir den Benzingenerator aus dem Zimmer um Strom für das Waffeleisen zu erzeugen, redet mich wieder hinein, redet mir die Waffeln auf den Teller und den Kaffe in die Tasse.

- Ich finde mich an einem kleinen Tisch wieder, auf einem Holzhocker am kleinen Ofen sitzend, knapp einen Meter von einem gezimmerten Etagenbett dessen obere Matratze voll mit Kram ist. Ich bekomme zu hören,  wie auch ihr die graue, dunkle Welt oft sehr zu schaffen macht, aber auf eine Art, wie man es nur in der Einsamkeit in der Natur erleben kann und wir teilen ein Gefühl des Wissens darum ...stillschweigend.

- Hier wohnt also die Waffelbäckerin vier Tage während den Wochen unter der Wintersaison, kommt mit Skiern drei Kilometer von dem Hof auf dem sie und ihr Bruder wohnen, backt Waffeln für die vorbeikommenden Skiläufer. Aber noch lange nicht für jeden, hab ich doch erfahren, dass sie auch einfach Leuten die ihr nicht gefallen die Tür vor der Nase wieder zumacht.

- Aber welch eine gute, knusprige Waffel sie für mich herbeizaubert!

- Wasser kommt vom Schnee, Licht gibt es keines außer einer Petroleumlampe und ein paar Kerzen, Plumpsklo ist mir bekannt. Ich denke: hier wird es im Winter an grauen Tagen überhaupt nicht hell, dann kommt wohl gegen zwei der letzte Besucher vorbei und dann ist es bis um zehn am nächsten Tag wirklich „zappenduster“. Kein Wunder, dass sie so viel reden will. Noch dazu wird es wirklich kalt auf hier oben auf fast 800 Metern Höhe.

- Ich bewohne ein Schloss im Wald und denke manchmal, dass es klein und einfach ist fährt es mir durch den Kopf als ich mich noch einmal herumdrehe bevor ich weitergleite.

 

24. April 2009

Schöne Aussichten

Immer wieder und immer mehr, so zieht es mich in die schwedischen Berge, oder  „fjällvärld“, in die vom Eis abgerundete Welt mit ihrer Stille, Reinheit und Weitblick, der manchmal nur erstaunen macht.

- Ja, diesmal habe ich Urlaub in dieser Urwelt gemacht. Eine Woche Langlauf oben in Mittelschweden, mehr als 650 km weiter nördlich von „Svenserum“, untergebracht in einem kleinen Hotel das die letzte Woche für diesen Winter geöffnet hatte.

- Von dort aus war die Baumgrenze schnell erreicht und hinter mir lagen Kiefern mit gedrehten Stämmen durch Wind und Schneestürme, Tannen mit ihren nach unten gerichteten Ästen um die Schneelasten besser abgleiten zu lassen, Birken, verwachsen, flechtenüberzogen und viele von diesen Lebewesen, deren  Alter habe ich auf vielleicht 200 Jahre und mehr geschätzt.

- Da standen allerdings auch nocht tote Bäume, gestorben wegen hohen Alters und durften langsam wieder zur Erde zurückkehren. Ein Zeitraum, der sich über viele hundert Jahre hinziehen kann denn in dieser Welt die lange dunkel, kalt, stürmisch und recht lebensfeindlich ist, so verlaufen alle Prozesse einfach langsamer.

-Auf der nur ein paar Kilometer weit entfernten norwegischen Seite traf ich eine Frau, welche während der Wintersaison jede Woche vier Tage in einer Hütte verbringt, da nimmt sich mein „Torp“ wie das reinste Schloss gegen aus.

- Aber davon mehr ein Andermal.

- Oben auf dem kahlen "fjäll" öffnet sich die Welt auf eine Art, da schauen selbst Herz und Seele mit.

 

23. April 2009

Beschwingt.

Nicht immer fällt ein Abschied schwer.

- Für diesesmal ist sie zu Ende und es heisst beschwingt Abschied von der dunklen Jahreszeit zu nehmen. Das Licht ist wieder da und nimmt für die nächsten zwei Monate für jeden Tag zu. Das nächstemal wenn ich wiederkomme, sind die Nächte hell geworden und das Licht im Haus brennt kein Loch mehr in die dunkle Nacht.


- Auch wenn noch kein grünes Blatt an den Bäumen zu sehen ist, so hat der Vorfrühling unaufhaltsam seinen Einzug gehalten. Ich habe zwar noch Ende März einen halben Schneesturm hier oben erlebt, aber mit südlichen Winden kamen die Kraniche gezogen und wie immer so habe ich mit einem Ohr gelauscht, ob nicht ihr Trompeten zu hören sei.

- Und da, da waren sie, kamen mit ihren langen Flügelschlägen, getragen von südlichen Winden, in ihrer Pflugformation genau über mich, fanden Aufwinde, die Ordnung löste sich auf und jeder Vogel wählte seinen Weg um sich kreisend und federleicht in „höhere Gefilde“ tragen zu lassen.
"Viel Glück und einen guten Sommer“ war mein wie immer lautausgesprochener Wunsch, den ich für gerade diese Vögel in die Luft sprach und ihnen hinterherschickte.
Aber nicht nur diese majestätischen Vögel sind angelangt. Zu den Trommelwirbeln eines Bunt- und eines Schwarzspechtes trippelte das Rotkehlchen und flatterte der Zaunkönig gefolgt von der Bachstelze in die Manege des „Circus Svenserum“.

- Endlich lebt der Wald wieder auf.
Ja, selbst eine junge Elchkuh sah ich nur 50 Meter weit entfernt für eine kurze Weile auf einer kleinen Anhöhe, bevor sie hinter dem Baumvorhang auf langen Beinen galant ihren Sortie machte.


- Es ist kein Wunder, dass der Mensch in seiner Phantasie den Engeln Schwingen verliehen hat.

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21. April 2009

Lebenszeichen

Ja, ich lebe noch und bin heute Nacht wieder unterwegs, diesmal nach Gotland, wo ich gegen vier in der Frueh an Bord gehe.
Diesmal heisst es eine neue Arbeit zu uebenehmen, denn ich werde auf dem Schwesternschiff "Astral" als Befehlhaber mustern.

- Ich habe mich gut erholt die Zeit an Land und werde demnächst wieder mehr schreiben. Von Igeln und Elchen denen ich begegnet bin, und wie immer von allem Mög- und Unmöglichen.



Kap Horn

2. April 2009

Frühlingserwachen

Heute ist er wach geworden, der Frühling,  mit ganzen 15 Grad im Schatten und das Leben hier auf der Lichtung wird auf einmal um so vieles leichter und einfacher.

- Im letzten Sonnenlicht haben die Amseln ihr Lied gesungen, der Wald erwacht immer mehr. Und den Abschluss vom Tag hat der Rehbock eben gemacht, sein heiseres „Bellen“ war unten von der Wiese zu hören.

- Ich habe vom Wind in den Bäumen geschrieben und dass sie sich Geschichten erzählen des Nachts, und wer das glaubt, dem kann ich auch sagen: hier oben fliegen selbst die Mäuse!

- Gestern Abend war sie wieder unterwegs, die Fledermaus die schon vor drei Jahren des Nachts hier um „Svenserum“ ihre Runden zog.

- Ja, es ist eine andere Welt der ich hier im Wald begegne.

- Aber leider habe ich Probleme mit 220 Volt. Obwohl das Windrad den ganzen Tag unter Begleitung des Rauschens der Bäume Wind zu Strom gemahlen hat, so will die Technik hier oben nicht so richtig. Ich denke es ist der Umwandler, der aus den 12 Volt 220 solche machen soll damit der Computer funktioniert der nicht ganz das Maß hält.

- Mit ein Grund, warum meine Beiträge zurzeit eher spärlich fließen. Leider lässt mich auch die drahtlose Technik hier oben „links“ liegen, ich bin im Radioschatten, (eigentlich recht positiv), denn auch das Mobiltelefon will nicht so recht.

Mit anderen Worten: eine ruhige „Wohngegend“.

- Es ist nun mal nicht einfach mit dem einfachen Leben. Ganz im Gegenteil. Das einfache Leben ist recht anstrengend und stellt andere Anforderungen. Vor allem and die Geduld. 

- Aber auch an die Muskelkraft.

- So ist denn heute der Schweiß geflossen beim Schlachten einer Tanne die jetzt in Scheite zerhackt auf dem Hof liegt.

- Ich schrieb über das Feuer das seine Rolle als Energiespender bald ausgespielt hat...und dann brannte ich heute Abend das alte Gras auf einem Teil des Landes ab und plötzlich wurde die Welt um mich herum magisch, ist doch das Feuer ist eine Kraft die uns seit Anbeginn des Menschwerdens fasziniert hat.

- Welches andere Lebewesen hier auf der Erde außer uns Menschen, glaubt von sich der Herr des Feuers zu sein?