23. Mai 2009

Was für ein Ding

Unterwegs zum Waldsee sehe ich sie. Dicke, mit Ketten versehene Reifenspuren und kurz später höre ich sie auch schon.

- Die schwere Maschine, sechs große Reifen, gelenkt in der Mitte wie eine Hornisse klettert sie tiefbrummend bergan in den Wald, greift mit Stahlklauen einen 20 Meter Baum kurz überhalb den Wurzeln, ein metallkreischender Schnitt, der Baum liegt. Dornige Stahlrollen ziehen ihn durch eine Eisenklaue und sie entästet ihn wie ein Kind die Blätter an einer dünnen Haselnussgerte indem es sie durch die geschlossene Hand zieht. Dann alle drei Meter ein Schnitt und fertig.

- Ein Baum der 40 und mehr Jahre zum Wachsen gebraucht hat, ist innerhalb von ein paar Minuten zu ein paar Holzstücken verwandelt. Und schon ist der nächste an der Reihe.

- Der Anblick ist so etwas von gewaltsam, ich bleibe nicht lange stehen, sondern wende mich ab und gehe in Gedanken zurück auf meine Lichtung. Leider sehe ich selbst auch keinen anderen Weg, denn die Rohware Holz ist von zu vielen Menschen begehrt.

- Auch ich fälle Bäume mit der Motorsäge, aber nicht ohne mich vorher zu entschuldigen und noch jedes Mal mit einem Gefühl von Mitleid, denn es kommt dem Schlachten gleich, ohne Zweifel. Und für mich ist es ist ein Tagwerk, nur einen Baum zu zerstückeln und zu spalten.

 - Worin liegt denn nun der Unterschied? Für den Baum ist das Ergebnis das Gleiche, da liegt er und steht nie mehr auf. Er fällt nur einmal.

- Während ich mir Zeit nehmen kann und den Baum als Lebewesen sehe, ist die von uns Menschen geschaffene Industrie nicht daran interessiert, sondern sie werden einfach zu „Produktionseinheiten“ degradiert. Aber nicht genug damit, wir machen das Gleiche mit den Tieren, und sogar mit uns. Wir sind dabei, das Leben selbst zu einem „Ding“ zu reduzieren.

- Der Preis dafür? 

- Zumindest ein Teil unserer Menschenwürde.

- Auch so kann ein Schlachtfeld aussehen.


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