29. September 2009

Die Rede des Adlers

Ich habe nicht nur den Auftrag für meine gefiederten Freunde hier zu sprechen, sondern da ich die See kenne auch für alle Lebewesen, deren zu Hause das Wasser ist. Egal ob süß oder salzig.

- Wenn Dir das eigenartig erscheint Wanderer, da ich ja Fische fange, so sei an die Worte des Elches erinnert: “Jeder nach seiner Art. Und wir sind einander nicht gram.“
Leider muss auch ich mich meinen Vorrednern in Vielem anschließen, auch in der Luft und im Wasser wird der Artenreichtum immer weniger wegen den menschlichen Eingriffen.

- Ein Grund der bisher noch nicht genannt wurde ist der Hunger, aber davon weiß und wird jemand anderes berichten.
Jahrtausende lang habt ihr das Wasser als Reiniger benutzt und so lange die Zahl der Menschen nicht so groß war, konnten die Seen, Flüsse und letztendlich die Meere es damit aufnehmen. Aber eure Zahl wurde größer, es begann die Zeit der Chemie und ihr fingt an Stoffe herzustellen, die der Natur bisher in diesen Verbindungen unbekannt waren.
Viele davon erwiesen sich als giftig und dennoch habt ihr Saatgut damit behandelt und viele von uns Vögeln vergiftet, die Eierschalen wurden dünn, der Nachwuchs blieb aus. Was ihr nicht mehr verwenden konntet habt ihr in die Flüsse geleitet oder direkt ins Meer gekippt.
Alles nach dem Motto: aus den Augen, aus dem Sinn.

- Aber nicht genug damit, ihr habt angefangen Fische industriell zu fangen, auch hier ohne Rücksicht auf Verluste. Ihr habt ganze Heringsstämme ausgelöscht und Gewässer wie die bei Neufundland, ehemals eine der reichsten Banken im Meer so leergefischt, dass sich diese ehemalige so reich blühende Gemeinschaft nie wieder davon richtig erholen wird.
In Chile, so haben Pelikane auf Umwegen mir zugetragen, verrostet die gesamte Fischereiflotte weil man nur innerhalb weniger Jahre unvorstellbare Mengen an Land zog und daraufhin die Schwärme ausblieben. Und hier, in meinem Jagdrevier, in dem Gewässer das ihr Ostsee nennt, wird der Dorsch erbarmungslos gefischt und seine Zukunft ist sehr ungewiss. Von dem Algenblühen will ich lieber ganz schweigen.

- Ihr verbreitet Euer Gift und Vögel und Wasserlebewesen sterben daran. Aber beides ist ja nicht so auffällig. Der Tod der Vögel ist erst Schlagzeilen wert, wenn man ihnen, ähnlich was der Elch sagte, die Schuld geben kann, diesmal an der Verbreitung der Vogelgrippe. Doch manche merken, so wie unser Wanderer, die Wälder werden stiller, ein sicheres Zeichen dass der Frühling Einzug gehalten hat verblasst zuhörends für den, der ein offenes Ohr hat.
- Sag also den Menschen, wenn die Meere sterben, dann ist es auch mit ihrer Zeit vorbei. Wenn die Vögel sterben, dann wird die Balance von welcher der Geweihträger gesprochen hat, wieder einmal mehr ins Ungleichgewicht gebracht und die Waagschale neigt sich auch letztendlich für die Menschen zu Gunsten der Armut. Als sei es nicht schon Armut genug in der Welt die ihr für euch selbst geschaffen habt.
Doch die Gier treibt euch und ich habe gehört, ihr bezichtigt euch selbst manchmal in diesem Zusammenhang als Geier. Das, sag ihnen, ist eine Beleidigung meinen Freunden gegenüber!

- Überbringe ihnen weiterhin, die Mittel seien da um Vieles zum Guten zu wenden, werden aber aus Angst, Machtgier und nicht zuletzt bewusstloser Dummheit für Krieg gegen die eigene Art verschleudert. Und mit meinem scharfen Weitblick so sehe ich: wenn ihr damit weiter macht, dann seid nur ihr an eurem eigenen Untergang alleine schuldig. Denn das ist der Weg, den ihr zurzeit beschreitet.
Ich weiß, wenn Du meine Botschaft übermittelst, dann werden viele an uns Vögel erinnert werden, allerdings leider nicht wie es gedacht ist.
Viele werden sich an die Stirn tippen und sagen: „Bei dem piepts, der hat einen Vogel. Der war zu lange allein im Wald.“ Und dennoch weiß ich, Du wirst es tun, denn Du bist mir ähnlich. Auch Du fliegst frei denn genau so wie Du weißt dass Wasser trägt, so hast Du keine Angst Dich von der Luft tragen zu lassen.“

- Und um seinen letzten Worten Gewicht zu geben hob er von seinem Platz auf dem Ast ab, streckte seine gewaltigen Schwingen, umkreiste das Feuer in weitem Bogen und zeichnete sich für den Weitgewanderten (ob es an der Gegenwart des Adlers selbst lag?) messerscharf gegen den dunkelblauen Nachthimmel ab. Der Vogel suchte sich einen Platz im höhern Geäst der Eiche wo sein Gefieder sicher war vor Funkenflug und überreichte damit der nächsten Sprecherin das Wort.


- Und nun war die Zeit für die Libelle gekommen. Sie schwirrte auf die ausgestreckte Hand der Frau gegenüber dem Wanderer und mit zirpender Stimme sprach sie Folgendes...

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