1. Oktober 2009

Der Gesang der Elfe

Klar und rein wie aus einem längst vergessenen Traum erklang die Stimme der Elfe durch den nächtlichen Wald.

- Und es war ihm, er der eben noch ein Zeitreisender war, als käme selbst der Wald wieder zur Ruhe nach dem Ruf des Grauen, als würde die Stimme Balsam auf die Seelen aller Lebewesen streichen die ihren Gesang hörten.
Er wusste, dass Eiche und Elch, Adler, Libelle und Wolf ihr zuhörten, ihre Sorgen vergaßen und genau so wie er auf wundersame Weise einfach eine tiefe Freude über das bloße Dasein erlebten.

- Ein Blick auf die Frau gegenüber reichte um zu sehen, auch sie war von dem Zauber der von der Stimme und der Melodie ausging gefangen und mit halbgeschlossenen Augen lauschtend entrückt von der Welt, über die sie so viel Sorgenschweres eben noch zugetragen bekommen hatten.
Dabei spielte es keine Rolle, dass die Elfe in einer Sprache sang, deren Worte zumindest für ihn unbekannt waren, er verstand dennoch.

- Die Sommerblumenwiesen seiner Kindheit tauchten auf, voller Reichtum und entdeckerlustig lief er barfuss durch das hohe Gras in einer sorglosen Welt die jung war, die Gipfel der Berge wolkenlos unter tiefblauem Himmel.

- Dann verblasste das Bild und getragen durch den Gesang der Elfe, so verschwand auch das Gestern, das Morgen und nur das Jetzt wurde gegenwärtig.
Und zum zweiten Mal in dieser Nacht öffnete er den Mund und hörte sich sagen: “Ich lebe.“

- Der Gesang wurde eindringlicher und selbst das Jetzt fing an sich aufzulösen und es war ihm, als wuchsen seinem Geist Flügel.
Höher und höher stieg er, sah sich am Feuer sitzen, sah den dunkeln Wald sich ausbreiten, das Land auf dem er wuchs, sah Kontinente sich ausbreiten, sah die Erde rund werden.
Er sah ihre Bahn um die Sonne, schoss geradewegs heraus aus der Milchstrasse, sah andere Galaxien wie Feuerspiralen im Raum schweben, sah sogar sie zu Sternen im Raum werden.
Und mit einem letzten Flügelschlagen so gelang es ihm einen Blick selbst hinter Zeit und Raum zu erhaschen und fand sich wieder...

...am Feuer im Wald.

- Der Gesang war zu Ende und die Sängerin? War sie vielleicht zum Licht geworden das zwischen den Bäumen schwebte?
Erst als er sich die Augen rieb bemerkte er, die Wolkendecke war aufgebrochen und der Mond richtete Strahlenbündel auf die kleine Lichtung, alles in ein unwirkliches Silberlicht tauchend wo nur zwei, in lange Mäntel gehüllte, Menschen noch am Feuer saßen.


- Irgendwann, er musste sich räuspern damit seine Stimme trug, richtete der nun wirklich und wahrhaftig Weitgereiste seinen Blick auf die Frau und fragte schlicht:
„Wer bist Du?“.
- Sie schaute ihn lange und vorsichtig abschätzend an, erhob dann ihre Stimme und antwortete...

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