24. März 2010

Winteralltägliches



Ich stehe auf wenn ich wach werde, also nie zu früh, nie zu spät, denn einen Wecker habe ich hier keinen.

- Den Aschenkasten leeren ist das Erste am Morgen, ein Feuer im Küchenofen entfachen das Zweite, dann Kaffeewasser aufsetzen und damit fängt der Tag langsam an. Oft höre ich Radio beim Kaffetrinken. Wetter, Tagesereignisse, Kultur, Wissenschaftliches.

- Holz nachlegen.

- Und da die Öfen unersättlich sind, ich meist keine Lust mehr habe noch einen Korb mit Holz spät abends zu füllen, so ist oft gerade nur noch für ein Feuer genug im Haus.
Der Kaffee tut das Seinige dazu um mich aus dem Haus zu treiben und auf dem Weg zum Holzvorrat liegt auch das Häuschen mit dem Herzen auf dem Weg.
Einen Blick in den Himmel bevor ich mit meinen Händen in den weichen Schnee greife und spätestens nachdem ich mir das Gesicht damit abgerieben habe bin ich vollständig wach.

- Zwei Runden mit den Holzkörben reichen meist für einen Tagesverbrauch. Vielleicht ein drittes mal, wenn das Haus noch nicht richtig warm ist und ich auch den großen Ofen schon am morgen anmache.

- Holz nachlegen.

- Den Küchenherd und den gemauerten Ofen regulieren, alle Klappen schließen, das noch vorhandene Wasser in den großen Kessel gießen und dann mit den beiden Eimern runter zur Quelle stapfen. Dabei treffe ich 
die Eiche an der Quelle und wünsche ihr einen schönen Tag.


- Der Schnee liegt knietief und es ist ein Balanceakt die gefüllten Eimer ins Haus zu tragen ohne etwas zu verschütten. Ich habe nämlich keine Lust, zweimal zu laufen.
Und immer dann denke ich an Menschen, die ihr Wasser weiter tragen müssen, oft schlechter Qualität noch dazu.

- Holz nachlegen.

- Jetzt ist das Wasser heiß genug und ich kann das wenige Geschirr spülen, denn zum Sammeln ist kaum Platz und Ordnung ist gerade in dem kleinen Haushalt noch wichtiger. Trocknen tut es dann von alleine am Herd.
Kehren.

- Holz nachlegen.

- Zeit für die zweite Tasse Kaffee und dabei ist das Buch oder besser der Ziegelstein von 950 Seiten meine Unterhaltung und entführt mich nach Mumbai, eine Stadt die ich selbst zweimal kurz erlebt habe und die einen unvergesslichen Eindruck auf mich machte. Dabei immer wieder mal das Herdfeuer schüren, ein paar passende Stücke Holz draußen auf der Veranda holen (Holz macht Dreck, dort ist ein Plastikboden und leichter sauber zu halten).

- Und eh ich mich versehe, ist Mittag aber da gibt es meist nur eine Brotzeit, noch einen Kaffee (schlechte Gewohnheiten von der Arbeit auf dem Schiff, da geht ohne dieses Gebräu rein gar nichts).
Kleinholz zum anmachen?
Noch genügend da. Vielleicht morgen...

- Holz nachlegen.

- Draußen kommt tatsächlich mal die Sonne zum Vorschein, und obwohl das nicht gerade alltäglich ist, so ist es heute doch so.
Ein Blick auf den Stromregulator zeigt mir: die Batterien laden und ich brauche mir um die Beleuchtung keine Gedanken mehr zu machen, die Energie reicht sogar für meinen Laptop wieder aufzuladen.

- Holz nachlegen.

- Vorsorglich habe ich die Langlaufski dabei und eine Tour zu der ein paar Kilometer weit entfernten Waldwiese ist angesagt.
Es ist überall voller Wildspuren. Hase, Fuchs, Reh, Wildschwein und ein paar Vogelspuren kann ich erkennen und auf dem gefrorenen See sehe ich die deutlichen Abdrücke von einer Elchkuh mit Kalb und kann sehen wo sie überall Knospen und Rinde abgefressen haben.

- Eine gute Stunde später bin ich zurück und es ist noch Glut in den Öfen um schnell wieder ein Feuer entfachen zu können und ein paar trockene Plätzchen mit, ja stimmt, einem Kaffee dazu sind genau richtig.
Ganz zu schweigen von dem Buch das mich wirklich nicht loslässt (die 950 Seiten habe ich in dann auch in weniger als einer Woche ausgelesen).

- Sauna, Dusche, „Wannenbad“ oder nur Katzenwäsche?
Die Sauna ist fast schade nur für eine Person anzumachen, die Dusche bedeutet auch, noch einen extra Raum mit dem stinkenden Petroleumofen den ich dorthin verbannt habe aufzuheizen und auch das finde ich ist Verschwendung.
Heißes Wasser ist zur Genüge auf dem Herd und die große Plastikwanne ist schnell geholt, auf der Veranda aufgestellt und mit Eimer und Schwamm reicht es selbst zum Haare waschen.
Auch wenn es etwas umständlicher ist und Zeit bedarf, so ist es vergessen sobald ich sauber, trocken und mit bequemen Klamotten am Küchentisch sitze und den Kartoffeln von gestern die Pelle abziehe, Zwiebel und Knoblauch schneide, die Pfanne auf den Herd stelle und es bald nach buttergebratenen Kartoffeln riecht.

- Holz nachlegen.

- Beim Kochen; das einstündige Nachrichten- und Interviewprogramm im Radio hält mich auf dem Laufenden, kurz bevor die Kartoffeln fertig sind noch ein gequirltes Ei darüber und mit einem kalten Bier schmeckt das Bauernomelett auch wenn ich mit Bedauern an den unbefindlichen frischen Schnittlauch denke der erst im Frühling wieder dazukommen wird.

- Holz nachlegen.

- Auch nach dem Essen heißt es wieder spülen, denn noch ist heißes Wasser da. Aber in einem Einmann-Haushalt ist es nicht viel, den Herd noch schnell mit einer Zeitung abgerieben, nochmals kehren und schon bald kann ich mich vor den großen Ofen verziehen und einfach nur zuschauen, wie sich draußen langsam die Dunkelheit senkt.

- Holz nachlegen.

- Erst wenn die Nacht eingebrochen ist mache ich eine Kerze und Licht an und dann tausche ich die Minusgrade draußen gegen die feuchtheisse Hitze Mumbais ein.


- Dieses stille Leben ist mittlerweile ein alltägliches Bild im Winter für mich geworden.

Keine Kommentare: