25. April 2010

5 plus 3

Fünf Wochen an Bord liegen hinter mir, noch knapp drei vor mir. Und wie so oft wenn sich ein Törn langsam dem Ende entgegen neigt, so streckt dieser Platz im Wald schon seine Fühler aus.

- Für eine Weile erschien mir die Lichtung doch recht weit weg, das Leben an Bord verlangt seinen Mann aber an einem Frühlingstag so wie heute unterwegs im ”Großen Belt” und es fängt an in den Fingern zu kribbeln um dort tätig zu werden.

- Wie jedes Jahr so habe ich Pläne, und wie jedes Jahr werden nicht alle umgesetzt.

- Ein Sonnenpaneel unter dem Schlafzimmerfenster das im Winter die Südostsonne (wenn sie denn mal scheint) auffängt und schneefrei bleibt wird garantiert durchgezogen, dazu hat der vergangene Winter schon die Idee fest verankert in mir.
Genau so wie die Kartoffeln wieder in die Erde kommen werden.

- Auch das zerstörte Dach bleibt so nicht liegen, Ordnung will ich haben. 
Was allerdings daraus wird?
Ob ich ein ”Zeltdach” an der Scheune damit anbaue?
Mal sehen, aber unter Dach muss das Holz und zwar ohne dass es hinein schneit!
Das wird ein gutes Stück körperliche Arbeit, denn da liegen wohl noch immer vier Qubikmeter aufgespaltenes Holz.

- Ein Fenster im Gästezimmer zum Hof hin ist für mich ohne Hilfe durchführbar, allerdings muss ich ein Fenster ”von der Stange” finden das passt und mir gefällt.

- Es stehen auch noch immer ein paar Tannen die ich weg haben will, aber das ist frühestens im Herbst aktuell. Wenn nicht, so macht es nichts denn Brennholz habe ich in Fülle.

- Aber einen richtigen Kirschbaum will ich pflanzen, unten, hinter dem Stall! Und auch mehr Flieder schwebt mir noch immer vor um die Kurve hinter dem Stall vielleicht abzurunden?
Und der Stall bekommt noch einen Anstrich, die Farbe watetet schon im Erdkeller darauf. Zwei Tage, und das ist erledigt.

- Ob der Brunnen unter der Bank wohl dieses Jahr eine richtige Einfassung bekommt? Mit Deckel zum Abschließen statt einem großen Stein, damit dort nichts passiert?
Die Quelle allerdings wird wieder richtig gesäubert und bekommt auch ein Lager neuen Sand zum Filtern auf den Boden.

- Dort wo die Tannen standen und Licht und Luft genommen haben, breiten sich Dornen aus denen ich den Gar ausmachen will. Mit Kultursichel und Sense dürfte das gehen.
Wenn nicht, dann bin ich tatsächlich bereit mir noch eine dritte Maschine anzuschaffen, denn es sind viele Quadratmeter, die ich freihalten will. Nicht nur auf meinem Grundstück, sondern auch der alte Weg und die Wiese runter zur Quelle damit sie eine Wiese bleibt und nicht zuwächst.

- Das schöne an Tagträumen...es geht ohne zu schwitzen leicht von der Hand und ist genau so schnell fertig wie ich die Hand umdrehe.


- Allerdings, die Schaffensfreude ist da nicht dabei und wie schon einmal geschrieben: ich male für mich selbst an einem dreidimensionalen Bild wo die Leinwand 5000 Quadratmeter groß ist.


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24. April 2010

Ähnlichkeiten



Viel braucht es ja nicht, um hier oben auf der Lichtung klar zu kommen. Ein paar Gerätschaften in Küche und Garten, zum Holz machen, ein paar Klamotten und etwas ”Krimskrams” schon war es das. Allerdings, Bücher nicht zu vergessen.

- An Bord, wo ich das halbe Jahr verbringe habe ich nur eine Tasche voller Kleider, ein paar Sachen fuer die Hygiene, mein Instrument und einen Laptop. Bücher gibt es an Bord.

- Ich brauche mich auch weder um Einkaufen noch ums Kochen zu kümmern. Dusche und heißes Wasser, alle Bequemlichkeiten sind da. Das Leben ist was Dinge betrifft sowohl hier wie da sehr eingeschränkt. Kein Wunder, dass es mir leicht fällt mit Wenigem auszukommen, denn ich ”übe” ja ständig, ja es ist sogar zum Alltag geworden.

- Es ist selbstverstädnlich geworden, dass ich immer weiter von dem Konsum wegkomme und ich keine Schwierigkeiten damit habe, mit wenige Dinge zu brauchen.

- Es fing im Grunde mit dieser zweijährigen Reise an, denn auch da habe ich aus eine Schultertasche gelebt und selbst die wurde immer leichter mit jeder neuen Reise.
Damals waren es noch 12 kg mit der ich durch die halbe Welt gereist bin. Während den drei Monaten durch Chile und Bolivien waren es nur noch die Hälfte.
Ich bin schon immer gern mit leichtem Gepäck gereist!

- Allerdings, das Leben an Bord ist doch um so vieles ärmer, denn der Umgang mit der Natur fehlt mir ganz einfach.


- An Bord oder im Wald? Es ist so ähnlich...

 ...und doch so anderes.

22. April 2010

Ges(ch)ehen



Es gibt sie ja, diese Bücher des Wissens, die das Unerklärliche, das "gewisse Etwas" versuchen zu erklären.

- Damit denke ich nicht an die voller mathematischer Formeln, das Wissen der Chemie, Physik, oder ähnliches. 


- Ich denke an die Bücher,  die uns von einer ”anderen” Welt erzählen und unser Dasein maßgeblich beeinflusst haben. 
Ich denke an Bücher wie die Upanischaden, den Koran, das Tao-te-king, die Bibel, den Talmud, die Lehren Buddhas oder des Konfuzius.

- Die ”Veda” nicht zu vergessen, leitet sich doch das Wort ”Wissen” selbst aus den indogermanischen Wörtern ”wet” und ”da” ab,
Es gibt gar die Verbindung zum indogermanischen ”woida” bedeutend mit ”ich habe gesehen”.
Im Schwedischen bedeutet zu wissen ”att veta” und zeigt auch hier durch die gemeinsamen Wurzeln an, wie alt und verflochten diese Art des Wissens ist.

- Davon dass ich auf der Lichtung mit den Bäumen spreche habe ich schon geschrieben. Auch wenn es für manchen befremdlich erscheinen mag, so ist es für mich selbstverständlich, denn irgendwo in unser Entstehungsgeschichte teilen wir ja gemeinsame Wurzeln und haben folglich eine Verbindung und "sprechen die gleiche Sprache".

- Auch wenn das Wissen oder Erkannte oder vermeintlich Erkannte in Worte gefasst ist, so liegt doch dieses „Gesehene“ dahinter verborgen und lässt sich im Grunde nicht in Worte fassen, sondern nur erleben.

- Doch es kann geschehen, dass man vielleicht einen Blick auf diese Welt erhascht und dann „weiß“ man auf unerklärliche Weise, dass das „Gesehene“ existiert.
Die gemeinsamen Wurzeln sind da und das Unerklärliche wird selbstverständlich.


- Der eine spricht mit Bäumen, der andere mit Elefanten...als ob das ein Unterschied 
wäre. Und niemand kann mit Sicherheit sagen, wer das "grössere Wissen" hat.




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18. April 2010

Verfall

Ohne die ständige Arbeit dem Verfall Einhalt zu gebieten, überdauert Menschengeschaffenes nicht sehr lange.

- Der ”Tour Eiffel”, die ”Golden Gate Bridge” oder der umstrittene ”長江三峽大”  Staudamm stehen vielleicht gerade mal drei Generationen bevor sie auseinanderbrechen. Wenn schon Stahl- und Beton schon so schnell verfallen, wie viel mehr erst ein Holzhaus?

- Der vergangene Winter hat zumindest in dieser Hinsicht wie ich geschrieben habe schon daran gearbeitet und Aufräumen ist angesagt.
Ob ich etwas Neues baue, ist noch nicht beschlossen, aber ein extra Dach fuer das Holz wäre nicht schlecht, damit die Scheune fuer Anderes frei bleibt. Zumal es besser ist, wenn Wind um das gespaltene Holz wehen kann.


- Seit dem ich vor knapp vier Jahren der Verwalter von „Svenserum“ geworden bin, fahre ich jedes mal an einer alten Scheune aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts vorbei auf meinem Weg hier hin.
Damals waren die ersten Spuren des Zerfalls schon zu sehen. Eine Wand hing schief das Dach hatte einen kleinen Knacks. Dann ging es immer schneller und als das Dach ein Loch bekommen hatte sah ich mit jedem mal wie der Zahn der Zeit an dem Gebäude nagte und der vergangene Winter hat ihr den Rest gegeben. Jetzt liegt dort nur noch ein Haufen zersplitterter Balken, Bretter und Dachziegel.

- Und auch das „Torp“ hätte nicht viel länger gestanden, denn es fing schon an sich zu neigen.
Selbst wenn es jetzt restauriert und in gutem Zustand ist, so bleibt die Asymmetrie ein Teil der Hausgeschichte.
Außen wie auch innen.

- Aber da das „Projekt“ überschaubar ist, die Unterhaltskosten gering wegen der Größe so ist auch das ein Argument für die Einfachheit.
Mir bleibt die Zeit, das Dasein hier auch zu genießen ohne ständig mit Hammer und Farbtopf in der Hand zu werkeln.
Dass ich das dennoch mache, ist die Freude daran, nicht der Zwang.

- Wie die Geschichte des Hauses erzählt, so stand es, nachdem der letzte feste Bewohner hier durch seine eigene Hand seinem Leben ein jähes Ende setzte, wohl so 15 Jahre leer.
Und die Spuren sind heute noch zu sehen. Der schiefe Dachwinkel  auf der Westseite ist noch Zeuge davon, wie nahe das Haus dem Untergang war.


- Und doch, so hat der Gedanke daran wie kurzlebig unsere Spuren sind auch gleichzeitig etwas Gutes an sich, bremst er doch die Hybris, die uns so "gerne" befällt.

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12. April 2010

Bestätigung


Ja, es ist der rechte Weg.

- Es ist schon richtig, dass ich freiwillig auf Vieles verzichte im ”Torp” und an Stelle meine relative Unabhängigkeit an diesem Platz bewahre.

- Eine Nachricht heute die mich darin bestärkt hat: China hat in den ersten drei Monaten diesen Jahres über 4,6 Millionen Neuwagen zugelassen, das sind ungefähr 38.000 neue Autos pro Tag! Oder der gesamte Fuhrpark Schwedens. Und auch in Indien nimmt der Autopark in rasendem Takt zu.

- Wir sind nicht mehr auf einer „Fahrt ins Blau“ mit unseren Autos unterwegs, sondern auf einer Fahrt in den Weltsmog.


-Auch bei mir steht ein Auto vor der Tür, meist tagelang unbenutzt, daher kann ich den Wunsch verstehen und verurteile das keinesfalls.
Aber ich muss kein Forscher oder Statistiker sein um einzusehen dass dies der wirkliche Anfang vom Ende der Autoära ist. Wenn nicht von mehr!
Die Situation treibt auf ihre Spitze zu mit accelerierendem Tempo.

- Der Preis für Erdöl wird in schwindelnde Höhen steigen denn die Produktion ist nicht mehr zu steigern während die Nachfrage nach dieser Energieform immer unersättlicher wird.

- Also werde ich diesen Sommer zumindest noch einmal in ca. 100 Watt Sonnenpaneele investieren die Licht und Sonne im Winter aus Richtung Süd-Südost auffangen können und außerdem schneefrei bleiben.
Ein Kabel vom öffentlichen Stromnetz kommt mir genau so wenig in dieses kleine Haus wie ein Generator!

- Eine Stadt ist von sich aus nicht überlebensfähig sondern es muss ständig Energie von außen zugeführt werden. Energie, deren Bedarf mit der jetztigen Entwicklung bald zu einer Mangelware die sich im Preis wiederspiegelt auch in unserem Weltteil werden wird.


- Es geht eine erschreckend-faszinierende Art „Schönheit“ von der urbanisierten Welt aus, so wie hier von Shanghai. Aber wie lange noch, bevor es in unseren Megastädten wegen Energiemangel dunkler wird?

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6. April 2010

Selbstredend



Jeder hat wohl schon mal irgendwann laut mit sich selbst gesprochen? Oder sollte es vielleicht besser “zu sich selbst” heißen?


- Auch wenn es ja nicht wirklich akzeptiert ist, ein Schimmer von “nicht-ganz-richtig-sein“ hat, so habe ich irgendwann mit Erstaunen festgestellt: ich rede hier im Wald laut zu mir selbst. Nein, nicht ständig, aber immer wieder einmal am Tag rede ich laut.
Außer den Vögeln hört mich niemand, wenn ich im normalen Ton zu "niemandem" spreche, schaut mich keiner komisch von der Seite an.


- Als ich das zum ersten mal tat, so war ich recht erstaunt, dann kam es mir selbst eigenartig und als ein typisches Zeichen von Einsamkeit vor.
Dann hab ich gedacht: ”Was soll´s, außer mir…”


- Und noch dazu so stellte ich zu meinem noch größeren Erstaunen fest: ein zu mir selbst ausgesprochener Gedanke bekommt ein ganz anderes Gewicht als der Stillgedachte. Es ist fast wie das geschriebene Wort, auch das wiegt ja mehr als ein Gespräch.


- Als ich ein wenig weiter forschte, so fand ich auch andere Menschen die darüber berichteten und die gleiche Erfahrung machten.


- Sprich zu Dir selbst und siehe da, vieles erscheint klarer, denn die Zeit des Denkens wird verlangsamt und dadurch die Möglichkeit der Einsicht in die eigene Gedankenwelt vergrößert.
Auch habe ich gemerkt, wenn ich dazu noch am arbeiten bin, dann passen sich die gesprochenen Worte und Sätze auch dem Arbeitsrhytmus an und werden dadurch noch mehr verlangsamt. Holzhacken ist ideal um ein Selbstgespräch zu führen habe ich festgestellt.
Dreht es sich um ein „Problem“, so spalte ich es wortwörtlich einfach in seine Bestandteile auf.


- Hast Du nicht gerade den Luxus einer einsamen Waldlichtung, dann mache doch einfach einen Versuch in der “stillen Kammer”…da hören Dich ja noch nicht einmal die Vögel!


- “Also! spricht" Kap Horn. Mit und zu sich selbst.

2. April 2010

...


Wie so oft diesen Winter sitze ich am Feuer und schaue in die Flammen. Und wie so oft schweifen meine Gedanken zu meinen Urahnen die irgendwann, irgendwo vor zehntausenden von Jahren in ein Feuer schauten.
Zehntausende von Jahren geht es mir durch den Kopf, eine unermessliche Zeitspanne.

- Die Flammen tanzen...

- Aber davor? Als das Feuer für meine noch älteren Ahnen ein Schrecken war, vor vielleicht hunderttausend Jahren, eine noch unermesslichere Zeitspanne, und gar noch länger her?
Und doch, die Kette i ungebrochen, ich sitze ja hier und irgend wo ist Erbmaterial, sind Gene auch von diesen Generationen an mich weiter gegeben worden.

- Und meine Gedanken suchen weiter in das, nein, mein Vergangenes, meine Wurzeln. Ich laufe auf einmal in Afrika auf der Savanne und Bilder tauchen auf von Gras, braun und trocken, Schatten unter unbekannten Bäumen, Durst, Hunger und ohne festen Wohnplatz, auf der Wanderung.


Ich selbst bin auf einer Wanderung die mich weiter zurückführt und aus menschlichen Zügen eher affenartige Züge werden lässt, weiter zurück wo auch diese sich auflösen, ich zum Vierbeiner werde.

- Die Flammen tanzen...

- Und ich sehe Vulkanausbrüche, sehe Dinosaurier, denn irgendwo in meiner Linie gab es ein Lebewesen, dessen Augen die zu meinen Augen geführt haben, schon sehen konnten als Dinosaurier die Erde beherrscht haben.
Jetzt bin ich viele hundert Millionen Jahre in meiner Entwicklung zurück und es schwindelt, denn ich spüre meine Wurzeln, weiß dass ich ja der lebende Beweis dieser Kette bin.

- Und auch das bleibt auf der Strecke, die Zeit der Amphibien zieht vor mir auf, Wasser und Wälder so dicht, sie reichern die Atmosphäre mit dreißig Prozent Sauerstoff an, Farne so riesig, sie verdunkeln den Himmel an dem bei Unwetter gewaltige Blitze zucken, die sauerstoffgeladene Luft schürt Feuer angezündet von den Unwettern und lässt...

- die Flammen tanzen...

- Im Wasser finde ich mich wieder, fischähnlich schwimme ich durch Kelpwälder oder deren Urahnen, schrumpfe, spüre auf dem Weg die Gemeinschaft zu den Pflanzen denn ich werde zum Einzeller, verschwinde selbst als solcher, werde zur heißen, dampfenden Erde mit Jahrmillionen von Niederschlägen welche die Weltmeere erst bilden werden.

- Ich sehe die Erde zum Feuerball werden, sich in Gas auflösen, sehe wie sich unsere Milchstraße zusammenzieht, wie sich Galaxien verdichten und zusammenschmelzen.
Ich sehe wie die Elemente aus denen ich, hier vor dem Feuer sitzend zusammengesetzt bin, immer weniger werden bis nur noch Helium und Wasserstoff übrig sind, ja bis selbst das einfachste Element aufhört zu existieren und  jetzt spannt die Zeit gar über Milliarden von Jahren und wird unfassbar.

- Denn um mich herum nähern sich Zeit und Raum einander, doch selbst sie werden immer weniger, verschmelzen zu einer Einheit, zum Nichts oder zu einer ”Singularität” von der manche behaupten es sei Gott. 

- Und hier werde ich mir auf einmal bewusst darüber: meine Wurzeln reichen tatsächlich zurück bis zu dem lautlosen Urknall, denn die Kette ist ungebrochen vom unbegreiflichen Anfang meiner und Deiner wirklichen Geburt bis zu mir hier am Feuer.

- Sie muss ungebrochen sein und bis zum Anfang zurück reichen, denn sonst könntest Du dies nicht lesen und ich säße nicht hier im Wald und sähe...


- die Flammen tanzen...