28. November 2010

Paradiesische Zustände?

Wenn die Hölle kalt wird, ändert sich auch das Wetter im Paradies. 
Das ist allerdings nichts Neues für mich.

- Schneidender Ostwind, wirbelnder Schnee und ein Weg der knöcheltief zugeschneit ist und trotz der weißen Decke so ist es dunkel und die Nacht liegt schwer auf dem Waldweg als ich nach sechs Wochen zur See aus dem Bus steige der an der Landstraße passend zu dem Weg auf die Lichtung eine Haltestelle hat.
Ich merke, die paar Passagiere wundern sich wie ich nur zu so einer Uhrzeit dort aussteigen kann um in Richtung Wald zu verschwinden und auch ich frage mich was ich denn tue.
Ich muss es ja nicht, ich mache es freiwillig.

- Vielleicht ist genau das der Grund, warum. Ich will es!

- Es läuft sich schwer auf dem ungepflügten Weg und ich bin froh als ich endlich am Haus ankomme.
Ein Blick auf das Thermometer zeigt mir: knapp unter null Grad im Wohnzimmer, oder besser im ganzen Haus. So kalt war es ja noch nie hier. Sogar das Trinkwasser im Kanister, vorsorglich in das kleine Spülbecken gestellt, ist diesmal ein Eisklumpen.

- Mein Atem steht weiß, als ich erst den Küchenherd, dann den großen Ofen und zuletzt den kleinen Kamin oben unter dem Dach anzünde.
Der Küchenherd bedarf einer besonderen Behandlung damit er Zug bekommet, denn die kalte Luft im Schornstein ist wie ein Pfropfen.
Die Ecke am Herd wird schnell warm, oben unter dem Dach reicht es mit einem Arm voller Holz um die Luft zu wärmen, aber es dauert diesmal einige Stunden bis das Thermometer am Eingang auf mutige 12 Grad gestiegen ist.
Einen Kaffe trotz später Stunde wäre nicht schlecht, aber das Wasser ist ja eingefroren. Allerdings das Mineralwasser von dem ich ein paar Flaschen immer im Haus habe, hat sich wohl wegen den Salzen flüssig gehalten.

- Der Törn war lange und anstrengend und ich gehe noch vor Mitternacht in die Koje nachdem ich überall nochmals ordentlich Holz nachgelegt habe.

- Am nächsten Morgen sind es noch immer 12 Grad im Haus und da dauert es nicht lange, bis die Temperatur auf annehmbare 18 Grad steigt.
Beim Frühstück schaue ich auf einen grauen Novembertag mit tiefen Wolken und es wird einer dieser Tage die nie richtig hell werden.


- Draußen zeigt das Thermometer auf minus 10 Grad und ich ziehe mich warm an um zum einen Richtung Tür mit Herzen zu gehen um meine „edleren Teile“ dem noch immer vorherrschendem Ostwind auszusetzen,  zum zweiten um die Holzvorräte aufzufüllen.
Die Luft ist rohkalt, kommt noch immer von der Ostsee, es ist düster und färbt auf meine Stimmung ab.

- An so einem Tag kommt auch keine Energie in die Batterien wie ich aus Erfahrung weiß. Das bedeutet also auch, wenn überhaupt, sparsam mit dem Laptop umzugehen obwohl gerade so ein Tag dazu einlädt damit etwas Zeit zu verbringen. Heute ist er mir allerdings egal, denn ich habe genug von der Arbeit am Computer an Bord.
Der Mangel an Sonnenenergie zehrt allerdings auch an meiner inneren Batterie merke ich.

- Es wird einer dieser Tage an denen es heißt die beiden Öfen in Gange zu halten, Holz zu tragen, ein Buch zu lesen, die Zieharmonika auszupacken und auch der Langeweile Herr zu werden.
Erst einmal bin ich allerdings eine Stunde damit beschäftigt, Schnee zu schaufeln. Hin zum Stall und Plumpsklo, zum Erdkeller, runter zum Weg.

- Gestern war ich noch der Kapitän auf einem Schiff mit all der Arbeit und Verantwortung die damit einhergeht, heute bin ich ein „verantwortungsloser“ Mensch der, wenn auch freiwillig, in einem kleinen Haus im Wald seinen Tag verbringt und nicht „gefragt“ ist.

- Draußen sind es nur die Vögel an der Futterstelle die mir zeigen dass ich nicht ganz alleine auf der Welt bin und es wird einer dieser Tage, an denen niemand auf dem Weg vorbeikommt, wo ich weder etwas von anderen Menschen sehe oder höre.
Ein Spaziergang durch den Wald ist unmöglich denn es hat die ganze Nacht geschneit, und wer nicht muss, der läuft nicht auf ungespurten Wegen in der Natur.

- Der Törn sitzt mir noch in den Knochen, es waren viele Nächte mit wenig Schlaf und ich fühle mich müde und ausgelaugt.
Aber als es schon gegen zwei Uhr anfängt zu dämmern, die Nacht um drei Uhr schon ihre dunkle Decke über die Lichtung ziehen wird, raffe ich mich auf und heize mir die Sauna ein.


- Das Haus steht nicht auf dem Berg sondern auf Pfeilern und hier sind es Außentemperaturen die innen herrschen. Vier Stunden muss ich mich gedulden bis die Sauna heiß ist.
Im Vorraum ist sind es noch immer Minusgrade als ich mich ausziehe und mit Gänsehaut schnell in die Sauna husche.

- Auch wenn es mehr Spaß macht nicht alleine hier zu sitzen, so genieße ich die feuchtheiße Wärme die mich einhüllt und nur 10 Minuten später tropft der Schweiß aus meinen offenen Poren. Ich merke wie die ganze Anspannung langsam von mir weicht, die Muskeln sich entspannen, Kälte und Dunkelheit draußen vergessen werden. Schnee statt Wasser ist diesmal zum Abkühlen angesagt.

- Nie ist die Sauna besser als an einem grauen und eisigen Wintertag an welchem die Hölle kalt ist und auch im Paradies mieses Wetter herrscht. 

- Die Nacht schlafe ich wie immer nach einer Sauna tief und fest und entspannt.


- Am nächsten Tag haben die Wolken sich gelichtet, die Sonne strahlt und ich weiß wieder, warum ich diese alles anderen als paradiesischen Zustände hinnehme.
Selbst wenn die kommende Nacht das Thermometer leicht auf Minus 20 sinken kann bei dem offenen Himmel, die "nordische Hölle" also noch kälter wird, so will ich es "hautnah" erleben. 

- Drei Uhr, die Sonne verschwinder hinter dem nächsten Höhenzug,


- und die Abendstunden werden blau!
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