30. Dezember 2010

Abgeschnitten, eingefroren und verdunkelt

Ich kam gut an...in einem Haus das zum ersten Mal in einem Winter minus drei Grad hatte.

- Die Feuer waren schnell an und ich war früh im Bett denn ich war recht müde vorm Törn und den sechs Stunden Autofahrt auf Winterwegen.
Die leeren Batterien waren mir erst einmal egal...

- Als ich am nächsten Morgen dann anrufen wollte, so zeigte  auch die Batterie im Handy ”leer” und das  war schon ein wenig dümmer, denn damit war mir diese Kommunikation mit der ”Außenwelt” abgeschnitten.
Wann ein Bus in die Stadt ging konnte ich mit meinem Laptop zwar noch herausfinden, aber auch da war die Batterie schnell am weniger werden.
Als ich dann gegen Nachmittag den Bus in die Stadt nehmen wollte, so stellte sich heraus, dass ich verkehrt geschaut hatte.
Nachdem eine halbe Stunde nach der geplanten Zeit  noch immer kein Bus gekommen war, dachte ich mir dass etwas nicht stimmte und ich stapfte durch den Schnee zurück in den Wald und ein warmes Haus.

- Mit der letzten Energie im Laptop eine neue Verbindung für den nächsten Tag gesucht -  diesmal zur Sicherheit dreimal überprüft!

- Während draußen das Thermometer schon am späteren Nachmittag weit unter Null zeigte
ich mir ein wenig abgeschnitten von der Welt vorkam, das  Licht mir dann heute doch fehlte  und ich noch Schlaf nachzuholen hatte, so  war mein Tag war tatsächlich schon gegen 19 Uhr zu Ende.

- Mit ein wenig technischem Können so gelang es mir dann am nächsten Morgen nach 12 Stunden ungestörtem Schlaf  zumindest mein Handy wieder einigermaßen zu laden...

- Und dann war es wieder einmal so weit...


- die Dächer wollten von einem halben Meter Schnee befreit werden.

***

16. Dezember 2010

Kein Wunder

Nein, es wundert mich nicht, dass der Batterieanzeiger bei „Svenserum“ auf „Null“ steht, denn dem Hauseigentümer geht es nicht anders.


- Morgen um diese Zeit sitze ich am Feuer und habe diesen harten Törn hinter mir, vier Wochen mit weit über 300 Arbeitsstunden, ohne die Zeit die Schiff und Mannschaft sonst noch von mir bekommen und nicht buchgeführt sind, mit vielen Nächten die keine waren und Tagen in denen der Papiertiger nicht in den Käfig zu bringen war.

- Aber dort ist er jetzt dennoch wieder gelandet, nur noch ein paar Kleinigkeiten und dann übergebe ich morgen gegen 10 Uhr das Schiff in andere Hände, setze mich in einen Leihwagen, fahre die 400 Kilometer von der West- an die Ostküste.

- Schneesturm ist angesagt und es heißt langsam fahren, aber da ich ja keine Uhrzeit ins Auge nehmen muss, so stört mich das nicht. Außerdem fahre ich selten schnell, denn die Verantwortung für ein Tankschiff färbt ab und ich bin wesentlich risikobewusster geworden.

- Was mit dem Strom nicht stimmt stellt sich dann irgendwann heraus, aber heute und morgen ist mir das total egal. Holz, verlässlich wie immer, ist zur Genüge da, Kerzen, Petroleum- und Stirnleuchten sind an ihrem Platz, irgend etwas zu „arbeiten“ habe ich nicht vor und alles andere ergibt sich bei Tageslicht.
Und so wie ich meine Batterien wieder lade, so werden sich die des Hauses auch wieder füllen!
Darüber mache ich mir keine Sorgen!

- Wer hier eine Zeitlang mitgelesen hat weiß: die nächste Zeit werden die Beiträge eher spärlicher fließen, denn auch die Batterie will wieder gefüllt werden. Und so stehen ja Festtage ins Haus und da ist das Dasein mit Anderem angefüllt.

- Ich werde aber wie immer auf „Svenserum“ Tage und Nächte verbringen und wer weiß schon, was mir dabei wiederfahren wird in dem „versunkenen“ Haus auf der Lichtung irgendwo im småländischen Wald.


- Und wenn es Seltsames und Eigenartiges ist, so wundert mich auch das langsam nicht mehr!

***

14. Dezember 2010

Zahlen & Symbolik

Das muss jetzt, heute noch sein!

- Eben gerade sah ich. 99 Beiträge in diesem Jahr.
Also, dies wird damit mein Hundertster, und im Dezember 2010 mein Zehnter und was passt besser als ihn am dritten Jahrestag dieses Blogs zu schreiben!

- Als ich damals, am 14. Dezember 2007 anfing von diesem Platz zu erzählen, so konnte ich nicht ahnen, dass ich noch immer drei Jahre später am schreiben sein sollte.


- Und an dieser Stelle ein Danke an alle Euch Leser/innen, denn ohne Euch, so wäre das Schreiben für mich bei weitem nicht so inspirierend.
***

Wieder einmal

In drei Tagen bin ich wieder unterwegs...auf dem Weg.

- Das Ende des Törn ist in Sicht und bald werde ich wieder einmal die eine gegen die andere Welt austauschen.

- Mittlerweile fängt auch das an zur Routine zu werden, ich weiß was mich erwartet, weiß wie es ist das Haus im wahrsten Sinne des Wortes von Null aus zu starten. Und doch ist es immer wieder neu, immer wieder anders, denn die Jahreszeit hat sich verändert seit ich das letzte Mal hier war.
Das Bild ist nie das Gleiche wenn ich nach Wochen zur See wieder an Land komme.

- Ich spüre schon jetzt den Geruch von Wald, Schnee und den vom Haus wenn ich die Türe öffne denn gerade durch die lange Abwesenheit, so sind die Eindrücke immer sehr intensiv die ersten Tage an Land.

- Diesmal bin ich mehr als müde, der Törn war äußerst hart mit Nachtarbeit ohne Ende, kurzen Reisen und einem Papiertiger der diesmal schwer zu bändigen war.
Ich fühle mich wirklich ausgelaugt und sehe ein paar Tagen Ruhe sehr entgegen. Sauna, Feuer, Stille und keine Ansprüche außer da zu sein und mich um ganz handfeste, alltägliche Dinge nur kümmern zu müssen.

- Und mit etwas Glück, so erlebe ich den Winterweg im Sonnenschein.


 -Ein wenig Sonnenenergie würde nicht nur den Batterien gut tun sondern mir noch viel mehr.


***

11. Dezember 2010

In eigenartiger Gesellschaft

Manchmal gibt es einen Riss zwischen den Welten der ab und an sehr deutlich zu erkennen ist gerade wenn die Sonne unter den Horizont taucht.

- Zur See kann zu dem Zeitpunkt ein grünes Licht aufblitzen, an Land ist es die Zeit wo die Kiefernstämme rot aufleuchten können. Es ist der Zeitpunkt wo es weder Tag noch Nacht ist und auch die Dämmerung noch nicht die Überhand über den Tag gewonnen hat.
Das ist die Zeit wo sich die Welt verwandelt und ich meine nicht nur vom Tag zur Nacht.

- Wie ich schon geschrieben habe, so werde ich oft kurze Zeit vorher aus unerfindlichen Gründen unruhig das sich aber immer mit dem Anbruch der Dunkelheit wieder legt.
Es ist einer dieser Spätnachmittage, die Sonne neigt sich schnell dem Vorhang den die Baumstämme auf der Anhöhe bilden entgegen, und ich kann zuschauen wie sich senkt um gerade, bevor sie verschwindet, noch einmal kurz aufzublitzen.


- Meist ist der Wald still zu dieser Zeit. Es ist als ob selbst die Natur den Riss zwischen den Welten bemerkt und lieber ruhig ist um nicht Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, denn zu dieser Zeit sind andere Wesen unterwegs in der Natur.
Die Temperaturen sinken schnell an einem klaren Wintertag und ich bleibe nicht mehr lange draußen, sondern suche mich in die Wärme am Küchenofen.

- Mittlerweile ist es dunkel geworden, aber ich will dieser Stunde nicht durch elektrisches Licht die eigenartige Stimmung nehmen die sich ausbreitet und verdichtet.
Während ich stillschweigend dem Feuer zuzuschaue ist mir als würden die Flammen meine Phantasie anregen, denn anders kann ich es mir nicht erklären, dass ich plötzlich das Gefühl bekomme, hier nicht alleine zu sein.
***
- Ich wende mich dem Ofen zu um ein neues Stück Holz nachzulegen als sich „jemand“ mir gegenüber an den Tisch setzt und einen „Guten Abend“ wünscht.
Ich schaue auf, sehe eine Gestalt in dunkler, einfacher, handgemachter Kleidung mir gegenüber, und ein paar funkelnde Augen unter dichten Augenbrauen sind alles was ich unter der Kapuze sehen kann.

- „Und wer bist Du?“ frage ich diese Gestalt die mir eigentümlich bekannt vorkommt.
„Oh, ich bin niemand anderes als Deine Einsamkeit“ kommt die Antwort mit wohlklingender Stimme unter der Kapuze hervor, „und ich dachte, ich leiste Dir heute mal Gesellschaft hier oben im Wald.“
Mit diesen Worten schlägt die Gestalt ihre Kapuze zurück und ein zeitloses Gesicht umrandet von einem dichten Haarschwall der bis weit über die Schultern fällt wird sichtbar während der flackernde Feuerschein es in dunkelglühende Bronze verwandelt.


- „Anno 2010 um 22 Uhr 10, so werfe ich nicht nur meine Kapuze ab wie Du siehst, sondern auch den Mantel der Einsamkeit.“
Im gleichen Augenblick höre ich knirrschende Schritte draußen, die Tür öffnet sich und eine ausgelassene Schar kommt in den kleinen Anbau, klopft den Schnee von den Stiefeln, streift die dicken Kleider und schweren Schuhe ab, tritt in die Stube. 

- „Darf ich vorstellen?“ fragt  „Einsamkeit“.
„Hier, sie mit den schwarzen Locken und gekleidet wie eine Zigeunerin heißt „Phantasie“.
Und dort, sie mit den verschmitzten blauen Augen ist die „Freude“ und ihre Krähenfüße um die Augen und den Mund kommen vom vielen munteren Lachen während ihre Cousine, die „Traurigkeit“ Falten ganz anderer Art hat.
Und er da mit den starken Armen und aufrechter Haltung ist der „Lebensmut“ gefolgt von seinem ständigem Begleiter „Übermut“ der oft nur eine Schrittlänge von ihm entfernt ist.
Und wer natürlich an solch einem Abend nicht fehlen kann, ist sie mit diesem schöngeschwungenem Amorbogen der, wenn sie will, so wunderbar küssen kann. Darf ich vorstellen „Muse“ wie sie leibt und lebt.
Er dort, der weißbärtige mit den vielen Falten auf der Stirn ist „Gedanke“ heute wie es scheint in Begleitung von „Witz“. Es ist er dort, der so flinke Augen hat, von einem Bein aufs andere tritt und für den es schwer ist still zu stehen.“

- Langsam füllt sich die kleine Stube immer mehr aber noch ist Platz denn es kommen mehr Gäste.

- „Ah, hier er mit den schweren Schritten, den hängenden Schultern,  ist der Bruder von „Lebensmut“. Man sollte es nicht glauben aber sie stammen aus einer Familie. Tritt ein „Schwermut“ auch wenn es Dir wie alles andere nicht leicht fällt. Gut dass Dein Rücken schon gebeugt ist, sonst würdest Du noch mit dem Kopf an die Decke stoßen, groß und klumpig wie Du bist.
Wie ich sehe, so ist sein Freund auch dabei, er dort mit den tiefen Falten und den hängenden Mundwinkeln. „Gram“ sein Name.

- Und so kommt es, dass  „Phantasie“ zur Begrüßung einen kleinen Tanz um mich führt, „Freude“ mich lachend umarmt und „Traurigkeit“ mir ein paar Tränen aus ihren Augen zuzwinkert.
 „Lebensmut“ schüttelt mir kräftig die Hand, “Übermut“ schlägt einen Purzelbaum und „Muse“ mit rotem Mund küsst mich gar  an diesem Abend.
 „Gedanke“ nickt mir abgemessen zu während „Witz“ mich mit breitem Lachen begrüßt. Nur „Schwermut“ schüttelt den hängenden Kopf während „Gram“ kaum seine griesgrämige Miene verzieht.

- Dann höre ich „Einsamkeit“ flüstern: „Hier, Kap Horn, kommen ein paar luftige Gestalten von denen niemand weiß ob sie Mann oder Frau sind“ und nickt hin zu zwei androgen-aussehenden Gestalten wovon die Eine hell, die Andere dunkel gekleidet ist.
Das sind „Glück“ und „Pech“, wovon „Glück“ immer gerne gesehen ist, „Pech“ fast verabscheut wird. Dabei kommen sie wie Du siehst Hand in Hand!
Und die Beiden die hinter ihnen kommen, die so lustig gekleidet sind, das sind „Narr“
mit der Schellenkappe und „Lebenskünstler“ mit dem breiten Hut und eigenwilligem Schnauzbart.

- Und während „Glück“ mich anstrahlt und es auf einmal hell in der Stube wird, so verneigt sich „Pech“ und ein Schatten huscht kurz durch das Zimmer.
Mit einem Kopfschütteln so dass die Schellen klingeln begrüßt mich  „Narr“ während „Lebenskünstler“ mit eleganter Bewegung seinen Hut vor sich schwingt.

- Ich schaue mich um und sehe, das Haus ist voll, sogar auf den Treppenstufen sitzt man und erst jetzt fällt mir ein: ich sollte den Gästen ja vielleicht einen Trunk anbieten.
Während man sich miteinander unterhält, mache ich mich zum Erdkeller davon um eine paar Flaschen Wein zu holen, höre von der Ferne Lachen und spüre dass eine gute Stimmung im Haus herrscht, die noch höher steigt als ich mit dem Wein zurückkehre.
Ich werde wie ein alter Bekannter empfangen und wir prosten uns wie Freunde herzlich zu.

- Die Zeit vergeht wie im Fluge, Mitternacht ist schon vorüber als es plötzlich dreimal abgemessen klopft und es schlagartig still wird in der Stube. Es ist als würden alle die Luft anhalten.
Eine große, kraftvolle Gestalt tritt mit federndem Schritt ein und ich stelle zu meinem Erstaunen fest, wie sich alle vor dieser imposanten Erscheinung verneigen.
„Das“ so flüstert mir „Einsamkeit“ ins Ohr, „das ist „Lebenswille“ der Macht über alle Anwesenden ausüben kann wenn im danach ist.“
Und so eine Kraft geht von dem Besucher aus, auch ich beuge mich um ihn willkommen zu heißen.
Plötzlich, wie auf ein gegebenes Zeichen, so werden die Stimmen wieder lauter, Lachen ist wieder zu hören, selbst die Gäste, die Dunkles mit sich brachten scheinen etwas von ihrer Schwere zu verlieren, das Fest wird immer ausgelassener und es ist wie ein tiefes, entspanntes Ausatmen das durch das kleine Haus geht.

- Wie lange es fortdauert weiß ich nicht. Wer schaut schon auf die Uhr, wenn die Stimmung fröhlich ist, die Gäste sich wohlfühlen, die Gläser nicht leer werden?


***

- Als ich wieder einmal vom Keller zurückkomme, wo ich war um Nachschub zu holen und gerade die Tür öffnen will, meine ich im Augenwinkel einen Schatten wahrzunehmen.

„Hallo Kap Horn“ höre ich eine tiefe Stimme hinter mir. „Ich denke ich bin der letzte Gast für heute in diesem kleinen Haus. Oder sollte ich sagen der letzte Besucher, denn ich war schon des Öfteren hier und war auch da immer der Letzte.

- Ich drehe mich zu der Stimme um und sehe eine Gestalt, ähnlich gekleidet wie „Einsamkeit“ aber der Umhang ist so schwarz, er unterscheidet sich kaum von der dunklen Nacht die plötzlich schwer über der Lichtung steht.
 „Ja, ich war schon ein paar Mal an diesem Platz. Einmal kurz vor Weihnachten so um 1870, dann oben auf dem Erdkeller, ich denke es war in den Sechzigern des 20sten Jahrhundert nach eurer Zeitrechnung.“
Nachdem ich mittlerweile einen Teil der Geschichte von „Svenserum“ kennengelernt habe, so dämmert es mir langsam mit wem ich da zu tun habe.
„Du hast mich richtig erkannt“ sagt mir die Bassstimme und das genügt für mich um zu verstehen: ich denke richtig.
„Aber geh, bring Deinen Gästen den Wein! Erzähl ihnen nicht von unserer Begegnung, es reicht dass sie den Atem anhielten als „Lebenswille“ anklopfte, denn sie wissen um mich, haben mich halb und halb erwartet. Verdirb ihnen nicht ihr Fest und behalte unsere Begegnung für Dich.
Ich wollte nur mal schauen, ob hier auch alles beim Rechten ist, und ja, es scheint mir so, denn Du bist ja nicht einmal vor mir zurückgeschreckt.
Wenn es Dir nichts ausmacht, so schaue ich immer wieder mal vorbei. Einfach so. Ich kann dir allerdings versprechen: beim letzten Fest, so bin ich todsicher mit dabei!
Doch das in der heutigen Nacht, das gehört Dir und Deinen „Geistern“.
Mit diesen Worten schlägt er seinen Umhang um sich, löst sich in der schwarzen Nacht auf und ist verschwunden..

- „Wie recht er hat!“ höre ich die Worte hinter mir weich und warm gesprochen, spüre ich wie sich eine Hand auf meine Schulter legt.
„Die Nacht gehört Dir und Deinen Geistern. Und zu denen gehört nun einmal auch dieser Dunkle der eben hier war und der meint, er hätte das letzte Wort.
Aber so ist dem nicht! Er bekommt es nur, wenn jemand ihm die Macht darüber einräumt.
Und Du hast wie jeder die Möglichkeit, ihm das mit meiner Hilfe zu nehmen.
Ich sollte mich vielleicht vorstellen: ich, Kap Horn, ich bin „Freiheit“, entfernt verwandt mit „Gedanke“ der ja auch bei Dir am Fest teilnimmt.

Ich drehe mich herum, aber es ist niemand zu sehen, die Lichtung liegt glitzernd in Schnee gebettet vor mir...aber ist sie nicht heller und weiter geworden?
Mit einem tiefen Durchatmen wende ich mich der Tür zu, öffne sie mit einem „Hier ist mehr Wein“,  trete in die Stube...

und werde im Schaukelstuhl vor dem fahlendem Feuer wach.


- Niemand ist da, ich bin alleine und es fröstelt mich leicht in der kälterwerdenden Winternacht die draußen den Schnee zum klirren bringt.
Ein wenig benommen schüttele ich den Kopf: „ Wie seltsam man doch träumen kann. Ich sollte besser ins Bett gehen, die Nacht ist weit vorgerückt.“ denke ich, als mein Blick auf den kleinen Handspiegel an der Wand fällt.


- Ein roter „Kussmund“ spiegelt mir entgegen...

***

Mal etwas ganz anderes!

So kann meine Welt mitunter auch aussehen! Oder auch so.

- Da wird so wie jetzt gerade aus dem "simple living" ein "rolling life", es heisst alles festzurren, an Büreauarbeit ist nicht zu denken...und auch nicht an einen langen Beitrag hier im Blog.
Die Hintergrundgräusche? Alles was in den Schubladen und Schränken in meiner Hütte hin und her rutscht.


Immerhin hängt das Mobilé immer schön gerade!


An solchen Tagen wird das blosse Dasein an Bord schon zur anstrengenden Arbeit!

***

10. Dezember 2010

Der rote Faden

Wie der rote Faden, ehemals eingedreht in das Tauwerk auf den Segelschiffen der königlisch-britischen Marine den man ohne es zu zerstören nicht herausnehmen konnte, so zieht sich auch bei mir das Wohlfühlen in der Natur wie ein roter Faden durch mein Leben.


- Schon als 17-jähriger hatte ich meinen ersten Garten. Ein brachliegendes Grundstück einer Gärtnerei das ich benutzen durfte und den ich zwei Sommer lang bearbeitet. Selbst wenn nicht gerade nur Gemüse und Blumen sondern auch verschiedene „exotische“ Gewächse dort gepflegt wurden, so hat sich die Freude am Gärtnern bis heute gehalten, und noch immer gedeihen ein paar Stechäpfel aus jener Zeit bei mir heute im Garten.
Wenn ich in einem liebevoll gepflegten oder einem botanischen Garten bin, so geht es meiner Seele immer gut. 
In der Stadt „basteln“ meine Frau und ich seit über zwanzig Jahren an einen Garten und für jedes Jahr wird er voller.


- Hier oben im Wald sind die Möglichkeiten um dieser Neigung nachzugehen riesig...allerdings nicht so lange ich zur See fahre. Ein Kartoffelbeet kann ich für einige Wochen sich selbst überlassen aber ein Garten bedarf der Pflege, wenn auch nicht täglich, so kann man ihn nicht alleine lassen.

- Den Hang zur Natur hatte ich schon als Kind und oft habe ich auch alleine im bewaldeten Tal wo das Wasser vom Hunsrück kam und sogar noch trinkbar war, am Bach gespielt. Oder mit dem Schlitten, inspiriert von den Reiseberichten von Scott und Amundsen durch den Winterwald „Expeditionen“ unternommen.
Später, als Dreizehnjähriger mit dem Zelt dann Sommertage und -nächte auf einer Waldwiese verbracht, alleine nachts durch die geheimnisvolle und gleichzeitig zu der Zeit für mich noch erschreckende Natur Wanderungen durchgeführt. Selbst meine Eltern wussten nicht, dass ich unterwegs war denn ich bin zu später Stunde einfach am Balkon heruntergeklettert.

- Obwohl zu jung gewesen, oder vielleicht gerade weil ich noch recht jung war, so hat mich durch meinen älteren Bruder die Hippiebewegung stark beeinflusst und so manch „ausgeflippte“ Erlebnisse stammen aus der „Sturm-und-Drang-Zeit“ und oft sehr eng verknüpft mit langen Wanderungen im Wald.
So wurde auch die Entscheidung der Bundes-Wehr den Rücken zu kehren zur Selbstklarheit für mich und noch heute sehe ich Krieg als eine der größten menschlichen Niederlagen an.

- Die Reiselust erwachte durch einen schwarz-weiß Film der japanische Reisfelder zeigte als ich zehn war. Ich erinnere mich noch heute genau daran denn ich dachte: das will ich mal in Wirklichkeit sehen. Und dieser Wunsch hat mich ja tatsächlich viel von unserer Welt erleben lassen. Mehr als ich mir je erträumte.
Es wundert mich also nicht, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes „gelandet“ bin in einem anderen Land.
Es passt, dass ich zur See fahre denn das Meer hat schon immer gelockt. So stark, ich bin mit achtzehn 1000 Kilometer auf einem alten Fahrrad bis an die Nordsee und zurück gestrampelt.

- Und im Grunde ist „Svenserum“ nichts anderes als ein Kindheitstraum vom Leben mit und in der Natur, der ein ehemaliger Hippietraum vom Leben auf dem Lande ward, den ich nun versuche zu verwirklichen und wo gerade die Winternächte mich noch immer faszinieren.

- Obwohl die Reiselust nachgelassen hat denn ich bin ja das halbe Jahr sowieso „auf Kiel“ und von daher schon froh wenn ich an einem Platz verweilen kann, so bedeutet dies noch lange nicht ich wäre nicht mehr „unterwegs“.

 

- An manch einem Abend alleine am Küchentisch vor dem Feuer mit Blick auf den dunklen Wald habe ich Reisen unternommen, die mich in ganz andere „Landschaften“ geführt haben...

***

6. Dezember 2010

Harte Arbeit

Noch kein Mannesalter ist es her, und die meisten Menschen hier haben sich nicht nur buchstäblich „krumm geschuftet“.


- Ein Arbeitstag der im Sommer damit anfingen um vier Uhr aus den Federn zu steigen und erst spät abends heim zu kommen war für viele der normale Alltag. Tagelöhner, oder wie viele „Torpare“ die eine bestimmte Anzahl Tage im Jahr für den Bauern, auf dessen Eigentümern das Torp stand, arbeiten mussten waren das „Lumpenproletariat“ der damaligen Zeit. Von den wirklich Armen ganz zu schweigen.

- Dann wurden die Zeiten reicher. Das Land trieb nach dem II Weltkrieg mit seiner intakten Industrie blühenden Handel vor allem mit Deutschalnd, der daraus entstehende Wohlstand kam unter der Regierung der Sozialdemokraten zu einem großen Teil dem gesamten Volk zugute was wiederum Schweden zu einem wohlhabenden Land aufstiegen ließ.

- Selbst wenn die goldenen Jahre, so wie es aussieht, erst einmal vorbei sind und vielleicht auch auf lange Zeit nicht wiederkommen, so ist das Land noch immer reich und wohl geordnet.

- Und was machen die Menschen die von Tagelöhnern zu Monatslöhnern geworden sind?

- Sie arbeiten sich zwar nicht mehr körperlich krumm, dafür gibt es Maschinen, aber die Arbeitsbelastung ist deshalb nicht geringer geworden.
Nur anderer Art.
Wo früher noch der Mangel an Tageslicht Einhalt geboten hat brennen heute Lampen, Transporte laufen rund um die Uhr, die Industrie möchte am liebsten gar nicht ins Bett gehen sondern 25 Stunden täglich produzieren um den Gewinn rücksichtslos den Menschen gegenüber die ihn schaffen zu maximieren.

- Ich verstehe dass gewisse Bereiche einfach weiterlaufen müssen so wie das Krankenwesen, Prozesse die man nicht einfach abstellen kann so wie die Stahlherstellung oder die Seefahrt, die nicht einfach auf dem Meer den Anker werfen kann. Um nur drei zu nennen.
Aber so wie es in der Kleinstadt hier war: Staubsauger mitten in der Nacht zu bauen ist ja wohl nicht notwendig!

- Die Informationsflut fängt an die Menschen zu ertränken, der Stress steigt und das Tempo ist seit langem nicht mehr menschengerecht. Es kann schon ohne Computer viel sein, aber wieviel mehr ist es erst mit diesem schier unendlichen "Aktenschrank" geworden?


- Und ich frage mich: wozu ist denn der „Reichtum“ da? Damit das Haus grösser wird, obwohl man wegen ständiger Arbeit kaum dort ist, das Bett weicher in das man abends todmüde fällt, das Auto noch grösser wird und schneller fährt und es einen ein paar Minuten früher zur Arbeit bringt?

- Oder ist es so und nichts hat sich geändert?

- Die Meisten von uns werden weiterhin an der Kandare gehalten (und lassen uns halten!), ausgenutzt um die Profite der schon Reichen weiterhin zu steigern. Dann bekommen wir vorgegaukelt, dass wir die vielen, in meinen Augen zu einem großen Teil unnötigen, Konsumgüter kaufen sollen die wir selbst produzieren und damit zum zweiten Male dem Produzenten einen Gewinn bescheren.
Es ist tatsächlich so, dass die Reichen prozentuell mehr die Arbeitskraft (sprich Volk) schröpfen als es zur Zeit des Feudalismus der Fall war.

- Warum nicht den Weg der „Vereinfachung“ einschlagen, den Konsum freiwillig herunterschrauben  und sein Geld dazu ausgeben, um sich Zeit zu kaufen?
Denn den Wert der Zeit hat der Produzent schon lange eingesehen...allerdings nicht auf die Art wie ich selbst.

- Irgendetwas ist nicht richtig in diesem "Spiel", ich vermisse "fair play" und bekomme immer mehr den Eindruck:
während die Einen schuften...


-  sind andere welche!
***

5. Dezember 2010

Quintessence...


- Ich denke für mich sind es die unmittelbare Nähe zur Natur verwoben mit dem Gefühl, dass dieser Platz alte Wurzeln hat und der relativen Unabhängigkeit die ich hier erfahre, die den Kern ausmachen und mich immer wieder nach „Svenserum“ zurückziehen.

- Selbst wenn es nicht gerade der größte Luxus ist in einem Haus anzukommen das Minusgrade hat, so ist mir die Freiheit von den Stromanbietern (welche sich mittlerweile als wahre Halsabschneider entpuppen in Schweden und deren Gewinngier keine Grenzen kennt) wert, dies hinzunehmen.
Ich bin selbstversorgend was die Energie betrifft!

- Eben sitze ich noch am Feuer, es ist warm und gemütlich und nur ein paar Sekunden später stehe ich von Bäumen umgeben auf einer dunklen Lichtung im Wald und wirbelnder Schnee umtanzt mich.
Die Kälte beißt in den Nasenflügeln beim Einatmen, mein Atem steht weiß im Licht der Stirnlampe.
Es ist eigenartig, aber gerade wenn die Natur harsch, kalt und unwirtlich ist, so ist mein Gefühl lebendig zu sein umso stärker.

- Mit der Sicherheit des Häuschens das hier seit mehr als 140 Jahren gestanden hat als Zufluchtsort im Rücken, ist es leicht einer strengen Winternacht auf „Du und Du“ zu begegnen. Ja, es ist geradezu erfrischend wenn die Schneekristalle die Haut im Gesicht beißen.

- Und so eigenartig es auch für manche/n klingen mag: ein Spaziergang im Wald während ein harter Winterwind den Schnee von den Bäumen schüttelt ist für mich noch immer ein Erlebnis der besonderen Art und eine der Ingredienzen...


 in der Quintessenz von „Svenserum“. 
***

4. Dezember 2010

Stillstand und Wandel

Drei Wochen vor und nach der Sonnenwende, egal ob im Sommer oder wie jetzt im Winter, ist der Lauf der Sonne kaum verändert.

- Sie sinkt nicht mehr merklich tiefer am Horizont die nächste Zeit und es treten ungefähr sechs Wochen eine Art Stillstand ein.

- Es sind bald fünf Jahre unter denen ich lange Zeit am gleichen Platz nahe der Natur verbracht habe, und so merke ich um viel mehr ich diese Wechsel wahrnehme. Ein Blick so wie auf dieses Bild reicht um auch ohne Uhr zu wissen wie spät es ist.
Hier ist es ungefähr eine Stunde später am Tag als auf dem Winterbild empfand ich, und die festgehaltene Uhrzeit als die Bilder gemacht worden sind bestätigte mir es nur noch.


- Woran es liegt?
Ganz einfach. Ich bin wenig abgelenkt von Anderem, der Stress ist weit weg hier oben, die Gedanken folgen anderen Bahnen und Zeit zum Beobachten der Welt um mich herum ist reichlich vorhanden.

 -Außerdem, die Welt hier ist sehr „langsam“. So dauert es über ein Jahr um einen Baum wirklich wachsen zu sehen. Dann wiederum geschieht das Wachstum sprungweise wenn ich nach Wochen zur See wieder hier ankomme und aus dem kurzen Gras eine Wiese geworden, das Kartoffelkraut hochgewachsen ist.

- Kurz bevor ich diesmal zur See fuhr konnte ich noch Pilze ernten, jetzt liegt der Schnee knietief und die Sonne hat ihren Winterstand fast erreicht.


- Und wieder einmal hat sich die Welt auf diesem kleinen Flecken Erde gewandelt.


***

2. Dezember 2010

Tischlein deck dich

Der Tisch ist wieder einmal gedeckt, und zwar reichlich.


- Das Bild ist vom 29. November kurz vor ein Uhr dieses Jahres, ein „déja vue“, nur allzu vertraut noch vom vergangenen Winter.
Es war einer der schneereichsten Winter die ich in den 26 Jahren in Schweden erlebt habe, und es sieht ganz danach aus, dass es auch dieses Jahr wieder einer wird.

- Zwei gute Freunde haben den Eingang freigeschaufelt, füttern die Vögel immer wieder einmal.
Der Elch war nochmal am Apfelbaum wie frische Spuren gezeigt haben.
Torgny, der Bauer, hat mit seinem Traktor den Weg geräumt denn er füttert das Wild auf der Wiese am Ende des Weges.
Zum Glück, sonst wäre es  von der Landstraße auf die Lichtung bei einem halben Meter Neuschnee ohne Spuren ist ein harter Spaziergang.

- Wie es wohl um 1880 hier war bei einem strengen Winter kann ich nur ahnen. Das Haus ohne Dachzimmer, die Fenster nur halb so groß und einfaches Glas, die Zwischenräume der liegenden Balken mit Moos abgedichtet, zwei Erwachsene und zwei kleine Mädchen auf den knapp 30 Quadratmetern.
Wurde der Winter richtig kalt, dann kamen nachts selbst noch die Hühner mit ins Haus!

- Ob sie schon eine Petroleumleuchte hatten?
Aber selbst dann, so war das Licht spärlich. Innen gab es wenig Platz, draußen engte der Schnee den Bewegungsraum ein und keine Maschine war da um den Weg zu räumen.
Die sechs Kilometer zur „Lofta“ Kirche müssen lang gewesen sein und nicht immer gingen sie wohl dorthin.

- War der Winter außerdem noch lang, so musste man sich um das Futter für die einzige Kuh sorgen und es gibt Berichte, da waren die Kühe so schwach und ausgemergelt, man musste sie im Frühling aus dem Stall tragen!

- Verglichen mit den „Lundgrens“, so ist mein Leben das reinste Paradies und ich lebe wirklich ein „einfaches Leben“. Verglichen mit der Familie die hier einen Platz zum überleben schuf, so bin ich ein sehr wohlhabender Mann dem es an nichts fehlt. Mein Tisch ist an einem normalen Wochentag reicher gedeckt als er es wohl bei der Familie Lundgren selbst an Weihnachten war.
Ich sollte öfter daran denken, denn es ist alles andere als selbstverständlich dass dem so ist.

- Allein die (neue!) Herdbeleuchtung hätte Christine schon eine "helle Freude" bereitet und ihr Leben sehr erleichtert!


- „Svenserum“ hilft mir zum Glück immer wieder dabei, meine Verhältnisse im rechten Licht zu sehen.

1. Dezember 2010

Der Ton macht die Musik

Vielleicht läuft bei Dir gerade Musik während Du liest? Musik, die uns Menschen verzaubern und erfreuen kann ist heute etwas Alltägliches. So alltäglich, dass sie vielleicht viel von ihrer wirklichen Kraft eingebüßt hat.

- Selbst wenn es lange her ist, so habe ich auch zu den „Musikverbrauchern“ gehört – und damit geschah genau das mit der Musik. Sie klang mehr und mehr verbraucht.

- Musik war für Christine und Peter wohl in erster Linie die Kirchenorgel in Lofta, ihrer Versammlung die sechs Kilometer weit vom Torp lag, wo das Repertoire allerdings ausschließlich „geistig-religiöser“ Natur war.


- Aber die Musik zum Tanzen und der Lebensfreude? Bestimmt hatte jemand eine Ziehharmonika, wohl eine billige Geige bei einem Familienfest, oder Volksmusik auf einem Markt, der ein Treffpunkt und ein großes Ereignis im Jahr war.
Das waren dann wohl schon die seltenen Gelegenheiten.
Ein Symphonieorchester musizieren zu hören war ihnen nie vergönnt...und ich kann es heutzutage in das kleine Wohnzimmer einladen wann immer ich will.

- Ich spiele allerdings selten Musik im Torp und wenn, dann meist meine eigene, einfache Volksmusik auf der „Zweireihigen“. Es ist wie mit dem Laptop. Es stört mich mehr, als das es Unterhaltung ist und die natürlichen Geräusche wie ein knackendes Feuer, das Rauschen der Bäume, das Singen der Vögel, das Flüstern der Espen im Sommerwind oder das sanfte Brausen der Stille sind mir Musik genug und ich spüre wie sie meiner Seele gut tun.

- Die stattliche Kirche in Lofta wurde 1833 eingeweiht, bekam 1856 ihre erste Orgel und man sagt ihr nach sie hätte eine der besten Akustik in ganz Schweden die fast einer Kathedrale gleichkommt. 
Selbst war ich war schon des Öfteren zu einem Kammerkonzert dort und bin jedes Mal erstaunt über die Klangfülle in dem Kirchenschiff.