24. Juni 2011

Frisch verliebt

Ja, ich bin tatsächlich frisch verliebt!

- Wenn man überhaupt in ein Land verliebt sein kann? Es ist das Land in das ich vor 27 Jahren, im Grunde durch Zufall, hin umgezogen bin.

- Und ich habe Heimweh. Heimweh nach Schweden wo dieses Wochenende Mittsommer gefeiert wird, Heimweh zu meinem „Torp“ auf der Lichtung mitten im Wald. Denn auch ich trage diese nordische Wehmut in mir, es ist Sommerwende und die Dunkelheit steigt wieder unaufhaltsam.

- Wir liegen in einem norwegischen Fjord vor Anker und ich bin mal ein wenig im Netz nach schwedischer Volksmusik unterwegs gewesen. Ja, sie hat mir seit den ersten Tönen von "Jazz på svenska" (ist ein bekanntes Volksmusikstück) am Herzen gelegen. Die Basstöne trafen auf Anhieb tief, das Pianospiel hat mich direkt an meine erste Reise nach Schweden erinnert...

- Meine einfachen Versuche das Dur-Spiel zu lernen haben mich der Musik  näher geführt und was in ihr mitschwingt, schwingt auch in mir mit, hat Wurzeln in mir.

- Viele Videos hatten Bilder dazu und ich stellte fest: ich habe viel von Schweden gesehen, ob Norden oder Süden und es ist mir nicht mehr fremd sondern ich kenne und finde mich wieder, weiß die Jahres- und gar Tageszeiten einzuschätzen, weiß ungefähr wo im Land es ist.

- Diesen Sommer, so habe ich länger meinen gemeldeten Aufenthaltsort in Schweden als in Deutschland.
Die Sprache ist mir zur zweiten Heimatsprache geworden und auch das Schreiben hat nur noch wenig Fehler.
Meine Frau und ich sprechen zwar noch immer Deutsch miteinander wenn wir unter uns sind, aber immer öfter fehlen mir die Worte und ich nehme das Schwedische her. Und manchmal fehlen mir gar beide und ich kenne nur das Englische, weiß was ich meine, finde aber nicht die Übersetzungen in meinen Gehirnwindungen.

- Ein Zugereister werde ich immer bleiben, aber das stört mich wenig, dafür ist schon mein Beruf viel zu international, (Englisch ist die Arbeitssprache),  als dass mich das stören könnte. Hier an Bord sind alle "Zugereiste".

- Und war es nicht vergangenes Jahr?
Da habe ich erkannt: durch "Svenserum" und das Erforschen und Erleben eines Schwedens das nur mal knapp hundert Jahre her ist, so ist mein Verständnis für die "Volksseele" gewachsen und das Gefühl zu Hause zu sein stärker geworden.
Und sollte morgen ein neuer Besitzer das Torp übernehmen, so ist das dennoch ein Teil von mir geworden, es steckt in mir. Dank diesem kleinen, einfachen Haus im Wald! 

- Ja, Schweden ist ein schönes Land, auch wenn die Winter hart sein können, die Dunkelheit an die Psyche hohe Herausforderungen stellt, die Einsamkeit und Wehmut auch immer irgendwo ein Begleiter ist.
Der Wald kann zu viel des Guten werden. Ich bin schon mit dem Zug tagelang durch Baumland unterwegs gewesen, hoch nach Lappland, und auch das prägt den Mensch. Nur die Seen waren wie die Augen in dieser Welt die in den Himmel schauen konnten.
Aber dort im Sameland habe ich dann die kahle Fjällwelt erlebt mit einer atemberaubenden Aussicht die sich 360 Grad weit über hundert Kilometer strecken kann.


- Oft denke ich: die dunklen Wintertage sind der Preis für die hellen Sommernächte und im Sommer sind sie den Preis wert.
Die Nähe zur Natur ist in Deutschland in dem Maße wie ich sie hier erleben kann nicht mehr möglich...und ich möchte diese Nähe nicht mehr missen.


- Ja, es ist richtig und gut: ich bin da wo ich hingehöre und frisch verliebt in dieses Land.

***

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hej Kap Horn,

ich sage "JA" -
ja, man kann sich (auch) in ein Land verlieben.
Mir geht es seit vielen, vielen Jahren so - auch wenn ich jeweils nur einige Wochen oder gar nur Tage dort verbringen kann.

Glad Midsommar pa dig!

Kap Horn hat gesagt…

Tack så mycket

Und eben kam sozusagen "taufrisch" die Mittsommerstange von "Svenserum" bei mir an Bord in Norwegen an...!

Ich bin also dabei!

krümel hat gesagt…

Ich kann dir nur zustimmen,

auch ich bin in dieses Land verliebt. In der schwedischen Natur gerät meine Seele in Schwingung, da mich dies in meine Kindheit zurückversetzt. Diese konnte ich, wie von Astrid Lindgren in ihrem Buch " Das entschwundene Land" beschrieben, in der Natur Masurens ohne Einrichtungen wie Kindergarten etc. verbringen.
Grüße krümel