31. Dezember 2009

...alles gut

Ja, so sagt man und auch wenn es "alt und abgedroschen" erscheint, so ist noch immer viel Wahrheit darin verborgen

- Hier folgt also die zweite und letzte Erzählung von den


Winterrosen  

Doch das Bild der erblühenden Rose wärmte und erleuchtete Regen das Herz während des ganzen Heimfluges. Wortlos schob er sich neben Frost auf die Bank, als die Mutter die dampfenden Schüsseln auftrug. Anders als sonst griff Regen nicht herzhaft zu, verlangte keinen Nachschlag, sondern ließ immer wieder den Löffel sinken, während die Geschwister lachten und erzählten, was sie den ganzen Tag rund um den Globus erlebt hatten. Regen hatte keinen Hunger, der eine Blick auf die Rose wirkte nach wie ein Stärketrunk. Frost ließ die hellen Augen auf dem geistesabwesenden Bruder ruhen und fragte schließlich leise: „Du mußt etwas Wunderbares erlebt haben, Du bist ganz verwandelt, magst du erzählen?“
Regen stammelte, preßte schließlich hervor:
 „Auf der Lichtung... beim roten Haus... die letzte Rose...“

Frau Natur hob den Kopf, sie wußte, nun nahm das Schicksal ihres Sohnes seinen Lauf. Frost stand auf, Regen merkte es nicht, so sehr rang er noch immer um Worte. Frost glitt zur Tür hinaus, warf achtlos Degen, Sporen und Pelz zu Boden, wickelte sich in die Schleppe, griff dem stärksten Schneesturm auf der Weide hinter dem Haus in die Mähne, schwang sich hinauf, Sattel und Zaumzeug zu suchen war Frost zu ungeduldig. Er schloß die Augen, das Bild der Rose geboren aus des Bruders Worten brannte unter den Lidern. Frost hauchte dem Schneesturm das Ziel ins Ohr und der jagte willig davon in einem rasch größer und größer werdenden Wirbel aus Eisnadeln. Kaum war Prinz Frost am Rand der Lichtung gelandet, erstarrte alles unter seinem Eisatem, überzogen von einer Hülle wie glitzerndes Glas. Das Eis blitzte und Prinz Frost glühte vor Kälte, denn der Pfropf war aus dem Loch in seiner Brust gesprungen und die eisige Sehnsucht des Prinzen quoll heraus, ergoß sich als Strom gletscherblauen Leuchtens über die Lichtung und erhellte die Nacht. Noch schützte die Holzwand die Rose vor Frosts tödlichem Atem, dann stand der Prinz vor ihr, beugte sich nieder, breitete die Schleppe der Stille aus. Die Rose erschauerte bis in die Wurzeln. Prinz Frost fragte stockend: „Du Blutrote, Lebenswunder!  Bruder Regen erzählte von dir, und ohne dich je gesehen oder gerochen zu haben, liebte ich dich allein durch das Bild aus Worten, das er von dir malte. Doch was ist das Bild gegen deine lebendige Wirklichkeit. Sei mein!“
Die Rose erblaßte und flüsterte: „Dann muß ich sterben, schon erfriert meine Blüte“.
Der Prinz bat: „So schenke mir wenigstens einen einzigen Kuß!“
Die Rose antwortete schwächer werdend: „Dann muß ich sterben, schon erfrieren Blätter und Stengel.“
Da wandte sich der Prinz ab. „Nein töten will ich dich nicht, um meine größte Sehnsucht zu stillen, ein einziges Mal Leben in meinen Armen zu halten und selbst lebendig zu sein, ein einziges Mal Tränen, nicht Eisnadeln in den Augen zu haben.“
Ein Laut drang ersterbend an des Prinzen Ohr: „Ist es Dein Herzenswunsch, so umarme mich und weine“. Er fuhr herum, sah die Rose wanken, wollte sie stützen, umfing sie und während ihre Wurzeln erfroren, drangen die Dornen der Rose tief in des Prinzen Brust. Das Loch dort füllte sich rot mit Wärme, schloß sich, Blitze durchzuckten den Eisleib und aus den vereisten Wimpern fielen zwei Tränen zur Erde.
Als der Schneesturm seinen Herrn im verlöschenden gletscherblauen Licht stürzen sah, sprengte er aus dem Baumschatten, riß den Besinnungslosen hoch, hielt ihn mit starken Zähnen am Wams, stieg mit letzter zusammengenommener Kraft in die Lüfte, galoppierte zum Ende der Welt zurück, wo Frau Natur schon unruhig vor dem Haus wartete und ließ Prinz Frost in ihre hochgestreckten Arme gleiten.

Als der Hausherr am nächsten Morgen vor die Tür seines kleinen, roten Hauses trat, um Holz aus dem Stall zu holen, mußte er die Augen schließen, denn schmerzend grell glitzerte die Lichtung in einem dicken Reifpelz. Später beim Rundgang ums Haus fand der Hausherr die erfrorene Rose: So lieb hatte er sie gewonnen wie sie unverdrossen mit ganzer Lebenskraft gegen den lichtlosen November angeblüht hatte, nun stand sie starr, ausgebleicht, den Kopf geneigt und in Reifkristalle gehüllt wie in tödliches Geschmeide. Sie abzuschneiden und auf den Kompost zu legen, brachte der Hausherr nicht übers Herz, er strich sanft über den Blütenkopf.

Wenige Tage später mußte er aufbrechen und die Lichtung verlassen.

Frau Natur pflegte ihren Sohn und als er genesen war, hüllte sie ihn in ihren Mantel und flog zur verschneiten Lichtung. Sie kamen am 22. Dezember kurz vor Mitternacht an, als die Sonne eben ihre Bahn wendete. Ein sanftes blaues Leuchten breitete sich über die Lichtung. Dort, wo die beiden Tränen des Prinzen auf die Erde gefallen waren, schmolz der Schnee zu Füßen der erfrorenen Rose und ehrfürchtig betrachtet von Frau Natur und Prinz Frost schoben zwei Schneerosen ihre hellgrünen Blätter und Stengel durch eine Handbreit weich und warm werdende dunkelbraune Erde, wuchsen, knospten und öffneten  elfenbeinweiße Blütenkelche mit goldgelben Stempeln und Staubgefäßen.
„Schau, die ersten Schneerosen hier an diesem guten Ort. Sie werden blühen bis der Hausherr zurückkehrt und sie werden nun jedes Jahr in der längsten Winternacht auf seiner Lichtung für ihn erblühen!“ Prinz Frost nickte zu den Worten seiner Mutter, doch nicht auf den Schneerosen, weiß wie er, ruhte dankbar sein Blick, sondern auf der erfrorenen, roten Rose. Prinz Frost streifte sich Reifnadeln aus den Wimpern, streute davon auf den geknickten Blütenkopf der Rose und fühlte wieder wie ihre Dornen in seine Brust gedrungen waren. Behutsam schlug Frau Natur ihren weiten Mantel um den Sohn und während das blaue Licht verglomm, flogen sie zurück ans Ende der Welt. Die Lichtung ruhte wie zuvor in nächtlicher Schneehelle und drei Rosen warten nun im Schatten des kleinen Hauses.

- Hier endet nicht nur die Geschichte der Winterrosen, sondern sogar ein ganzes Jahr.

- Und Dir LeserIn wünsche ich ein gutes, neues Jahr und möge es wie hier zu sehen ist das oft Gegensätzliche in unserem Leben vereinen...


                              

- Licht und Dunkelheit, Eis und Feuer, Natur und Menschengemachtes...alles unter einem Himmel. 

Kap Horn, Verwalter von "Svenserum"

***

30. Dezember 2009

Ende gut...

Wer bisher mitgelesen hat, weiß, ich mag Geschichten, sowohl selbst erzählen als auch lesen.

Denn in einer guten Geschichte, so ist die Welt anders als sie zu sein scheint.


Da können Bäume selbst nach unten in einen Himmel voller Wasser wachsen.

Wer kann schon sagen, was wahr ist?

- Und der gleiche gute Mensch, der schon andere Geschichten wie die vom Weg, von der Wassernixe oder von Heimweh und Sehnsucht geschrieben hat, ist damit einverstanden, dass ich auch diese Geschichte weitererzähle.

- Hier die erste Erzählung von Zweien. Es ist die wahre oder beinahe wahre (denn wer kann das schon wirklich wissen?) Geschichte von den...


Winterrosen

Was in dieser Wintersonnwendnacht geschah, hatte seine Wurzeln in einem November, in dem sich drei Kinder von Frau Natur, der Nebel und der Regen und ihre Schwester Dunkelheit, fast zu Tode arbeiteten und dabei die Menschen an den Rand ihrer Kräfte brachten. Die drei folgten ihrem Lebensgesetz und doch schnitt ihnen ins Herz, wie die Menschen unter ihrem Regiment litten und sich in quälender Sehnsucht nach dem Licht verzehrten. Besonders bedrückt waren die drei, wenn sie jene Waldlichtung besuchten, von der die lustigen Zwillingsbrüder Frühling und Sommer so lindgrüne Geschichten zu erzählen wußten, zu Hause in der täglichen Ruhestunde um Mitternacht, wenn Mutter Natur den Tisch zur Stärkung für ihre Kinder deckte. Nebel, Regen und Dunkelheit konnten Frühlings und Sommers Worten kaum glauben und hörten begierig zu; sie selbst kannten diesen Fleck Erde nur im diffusen Grau und in den Spinnenarmen der Finsternis, die sich in diesem November nur für zwei Tage mit Sonne durchlichtet hatte.
Nirgends waren die drei willkommen und der Herr des kleinen, roten Hauses auf der Lichtung machte da keine Ausnahme. Murrend mußte er das Werkzeug weglegen, wenn schon um drei Uhr die Dunkelheit auf schwarzen Samtschuhen herhuschte und unerbittlich ihre Arme um die Lichtung schlang. Und mißmutig seufzte er, wenn Nebel und Regen ihm mittags den Kopf mit schweren Wolken umzogen.

An einem Abend Ende November war Regen nur zögernd hinter Nebel und Dunkelheit hergeflogen zur mitternächtlichen Essenspause im Haus der Mutter am Ende der Welt, dabei war er sonst der erste, den es zur heißen Suppe zog. Der Hausherr hatte an diesem Tag lange vor einem jungen Baum gestanden und nachdenklich die Zweige gemustert. Nebel riß neugierig in den Zweigen hängend seine trüben Augen weit auf, um zu entdecken, was der Hausherr denn gar so nachdrücklich suchte. Da hatte einer der Zweige zu zittern begonnen und schließlich sahen Nebel und Regen, der sich kräftig schauernd dazugesellte: das Zittern nahm seinen Ausgang von winzigen Ausstülpungen, die prall viele Schichten fest übereinandergelegt hatten. Nebel roch daran, dann tupfte er leicht hin, ein wenig klebrig wurden seine Finger, Regen rollte in unzähligen Tropfen die Zweige entlang, um das Geheimnis zu lüften, dann hörten die Brüder zarte Stimmen: „Ihr seht schon richtig, wir sind, was euer Bruder Frühling so oft mit überschäumender Lust besingt, wir sind Knospen, genauer Lindenknospen, alles steckt in uns als Lebenskraftpaket, um aufzuspringen in Frühlings ausgebreitete Arme, nur wenige Monate noch, dann küßt uns Herrin Sonne und wir dürfen uns entfalten. Wenn, ja wenn...“. Die Stimmchen waren kaum noch zu hören, „wenn Prinz Frost uns nicht tötet .“ Angestrengt lauschte Nebel und Regen schüttete noch heftigere Schauer über die junge Linde. Aber kein Wort mehr.

Regen bewunderte seinen starken Bruder Frost sehr. Zerfloß er doch nicht wie er selbst in fast unsichtbare rollende Tropfen, hier hin und dort hin, kleidete sich nicht in schweren grauen Loden. Nein, Frost trug gleißendes, leichtes Weiß, einen Pelz aus Eisnadeln locker um die weißblonden Locken und die kräftigen Schultern geschlungen und von einer Schneekristallagraffe gehalten und raffte elegant seine lange, schwere Schleppe aus Stille. Höchstens der blanke Eisdegen klirrte oder die Eiszapfensporen. Stolz schritt er daher, ein Prinz vom Scheitel bis zur Sohle, alle suchten ihn in ihr Reich zu locken: die Eiskönigin, die Schneeprinzessin, die Herrin des Polarsterns, die Eisblumenfee... vergeblich. Unter seinem sicheren Griff wurden die Dinge klar, fest, und bekamen deutliche Kontur. Frost war hart und ein Blick aus seinen hellen blauen Augen genügte, und alles ringsum erstarb, beugte sich ihm und erstarrte.

Ja, so unverwundbar, strahlend hell wäre Regen auch gerne gewesen, ahnte er doch so wenig wie die anderen Geschwister von jenem eisblauen Loch in Prinz Frosts Brust, in dem er seine schmerzliche Sehnsucht tief verborgen eingefroren trug. Nur Mutter Natur wußte darum und sie verriet ihn nicht. Regen schüttelte betrübt den Kopf und sein Haar triefte. Schon breitete er die schweren grauen Schwingen zum mitternächtlichen Flug, da zog die vor ihm fliegende Dunkelheit ihren Mantel ein wenig enger um sich und für einen Augenblick klaffte ein Lichtspalt auf. Im schmalen goldenen Streif sah Regen aus nassen Augen etwas aufglühen, so überwältigend lebendig, daß die ochsenblutrote Wand des kleinen Hauses davor verblaßte. Die letzte Rose! An diesem Tag hatte sie begonnen ihre Blätter zu entfalten, jetzt wo der November sich endete. Nebels Radmantel streifte sie leicht, sie bebte und stand wieder still, hoch aufgerichtet. Regen stockte der Atem – solch glutvolle Schönheit, ein lebendiger Rubin vor Nebels weichem Dunkelgrau. Regens Tropfen trafen die samtigen tiefroten Blätter, perlten blitzend ab. „Wo bleibst du denn“ drängte Dunkelheit, ließ den Mantel locker und sie flogen durch undurchdringliche Schwärze weiter.




***

28. Dezember 2009

Im Rückspiegel betrachtet

Ja, nur noch ein paar Tage und wir müssen uns daran gewöhnen eine neue Jahreszahl beim Datieren zu schreiben.
Und da wir Menschen ja immer mal einen Blick zurück werfen, so passt das ja ganz gut jetzt zu tun.




- Ganz zu Anfang des Jahres kam also das Windrad an seinen Platz. War ja ein lang gehegter Traum und jetzt steht es also fast ein Jahr.
Aber so eine windarme Zeit im Herbst habe ich selten erlebt und gerade wenn die Sonnenzellen wenig Leistung bringen, so kam auch vom Wind nicht viel dazu.
Ob es sich wirklich „gelohnt“ hat ist schwer zu sagen, aber ich denke schon.
Und außerdem finde ich es einfach schön und schenkt der Lichtung etwas Lebendiges wenn es sich dreht.


- Das Projekt mit dem Scheunenboden ist auch fertig geworden und damit habe ich einen großen Raum unter Dach gewonnen und die Scheune ist wieder richtig benutzbar geworden.
Das Projekt war auf alle Fälle gelungen. Ohne Zweifel.


- Ein paar Tannen die mir etwas „Sorge“ bereiteten weil sie  so groß und so nahe am Haus standen, sind  zu Scheiten aufgehackt und trocknen diesen Winter bevor sie unter Dach kommen.
Auch das war richtig, denn außer Holz, so habe ich mehr Himmel und Licht und Sonne bekommen.


- Den alten Teil des Weges der hierher führt habe ich frei geschlagen damit er nicht zuwächst, denn das war an der Zeit.


- Der neue Kühlschrank, getrieben von Sonne und Wind hat im Sommer gut funktioniert und mir das Haushalten mit frischen Lebensmitteln sehr erleichtert, beziehungsweise erst ermöglicht.
Nach drei Jahren ohne, weiß ich diese Technik wirklich zu schätzen.


- Aus dem Anstrich der Scheune wurde nichts, aber das hatte auch nicht erste Priorität. Leider erwies sich auch die Idee mit einem kleinen Ofen im Eingang als nicht so einfach, denn eine Ofenrohrdurchführung durch die Wand habe ich keine gefunden. Außerdem gibt es Brandbestimmungen die schon ihren Sinn haben. Mal sehen wie es damit wird.


- Das Projekt mit dem „halben“ Fenster in der Küche ist weit in den Hintergrund gerückt, denn die ganze Arbeit innen im Haus die damit verbunden ist, ist mir erst einmal die Sache nicht wert.


- Die Treppenstufe zum Außenplatz hat ein paar Trittsteine als Verlängerung bekommen und es ist direkt einladender geworden.


- Die Linde, im Frühherbst gepflanzt, scheint Wurzeln gezogen zu haben, denn sie hat Knospen gesetzt für den kommenden Frühling.


- Die Kartoffelernte war reichlich, der Lauch ist gediehen und das Mulchen hat sich als genau die richtige Methode erwiesen um beinahe unkrautfrei zu sein. Zum ersten Mal habe ich auch selbstgekelterten Apfelwein im Keller.- Die Routinen haben sich wirklich eingespielt denn selbst der Küchenherd hat nur wenig reingeraucht.


- Ja, „Svenserum“ ist wieder belebt nach dem es lange recht unbenutzt auf der Lichtung stand.





- Es raucht wieder aus seinem Schornstein!

24. Dezember 2009

Es ist ganz einfach

Wie aus heiterem Himmel soll es geschehen sein.


- Ein Urknall welcher Urmaterie aus dem Nichts ins Nichts schleuderte mit einem lautlosen Explodieren. Abgesehen davon, hören hätte ihn sowieso niemand können, denn Ohren gab es noch keine. Sehen auch nicht, denn Augen gab es noch keine.


- Solcher Art Gedanken kann der Himmelssternenblick bei mir auslösen und wie mit einer Spindel gezogen wird ein Faden daraus...

...Materie klumpt sich zusammen, voller Energie und schafft aus den ersten, einfachen Molekülen kompliziertere Strukturen, schafft die Grundelemente und Galaxien entstehen.
Myriaden von ihnen wirbeln durch das dunkle Nichts in dem es kein Oben, kein Unten gibt.


- Und bei dieser Vielfalt der Möglichkeiten, so will es der „Zufall“, dass organische Verbindungen entstehen welche die Kraft besitzen sich selbst zu reproduzieren.


- Aber auch diese Strukturen werden immer komplizierter und differenzierter bis auf einmal nicht nur Leben entsteht, sondern dieses Leben auch bewusst wahrnehmen kann.
Ein Bewusstsein das sagt: „ich schaue gerade in den Sternenhimmel“...und das ist bei diesem Faden, der, wenn ich ihn zu Ende spinne, ein schwindelnder Gedanke auftaucht:


- Das Bewusstsein an sich ist die gewordene Möglichkeit des „Nichts“ um sich seiner selbst wahrnehmen zu können.
Mit dem Bewusstsein entsteht erst der Urknall.


- Ich bin eine aus sich geschaffene Möglichkeit des Alls, damit es seiner selbst bewusst werden kann.

- Und in seltenen Augenblicken fühle ich das Wissen:




- Es ist ...ganz einfach!


22. Dezember 2009

Die längste Nacht

Schnee, hart getrieben vom Wind mit Stärke 8 aus Südost, wir selbst auf nordöstlichem Kurs.


- Die Wellen querab an Steuerbord, das Schiff ohne Last unterwegs durch eine pechschwarze Nacht mit Ziel St. Petersburg wo wir übermorgen gegen 3 Uhr in der Nacht auf der Reede ankommen.
Und es rollt, und rollt und rollt.





- Das Leben wird anstrengend an Bord, das bloße Dasein an Bord wird zur körperlichen Arbeit, irgendwelche Muskeln spannen ständig. Selbst am Schreibtisch zu sitzen und die wenigen Zeilen zu schreiben wird zur Anstrengung.


- An mehr als die notwendige Arbeit ist nicht zu denken, Navigieren ist alles was gefordert wird, sonst nichts.
Zum Glück sind es keine Minusgrade und das Schiff vereist, dann baut sich schnell ein Eispanzer auf und man kann zusehen wie die Eiszapfen länger werden.


- Die Welt hier draußen ist eine ganz andere als im Wald, da steht die Koje still, alles bleibt stehen wo ich es hinstelle und ich wohne auch nicht auf einer schiefen Ebene.


- Ja, die längste Nacht des Jahres kann länger werden als gedacht...aber in einer Stunde wendet die Sonne!





Over and out. 


19. Dezember 2009

Ein Winternachtstraum

Klirrend-knirrend-knirschend-knackend-kalt. Ich hab sie schon erlebt hier oben, diese glitzernde, funkelnde, gläserne Winternacht wenn vor Kälte selbst die Luft still steht.  

- Minus 20 Grad zeigt das Thermometer und die Kälte streckt ihre Fühler durch die obwohl dichten Fenster und tastet meinen Rücken ab, kriecht selbst vor dem Ofen ein Stück die Beine hoch.

- Ich ziehe die dünnen, indischen Baumwollgardinen vor und schon wird es etwas besser, lege mehr Holz nach und stelle mich mit meinem Rücken kurz gegen den Kamin um die Kälte aus den Kleidern zu verjagen bevor ich mir zu der langen Unterwäsche, dem Hemd, dem wollenen Pullover noch eine dicke, ärmellose Wollweste und ein paar extra Socken anziehe.

- Dabei ist das Haus wesentlich besser isoliert als damals, die Fenster sind zwar doppelt so groß, aber dafür zwei Stück hintereinander und ich frage mich wie so oft, versuche mir wieder einmal vorzustellen wie es für die Familie hier wohl war? Und wie immer, so kann ich es mir zwar bildlich vorstellen, aber gefühlsmäßig trotzdem nicht nachvollziehen. 


- Das Licht ist aus, denn draußen strahlt der Mond sein blau-eisiges Licht über die Schneekristalle auf dem verschneiten Hof, und selbst die kleine Stube wird hell genug um alles sehen zu können. Und damit rückt das Leben von damals auf einmal doch spürbar näher.

- Ein paar Stunden später ist der Mond am wolkenlosen Himmel ein Stück höher geklettert und das Thermometer noch ein paar Grade nach unten.
Minus 23 Grad, so kalt habe ich es hier noch nie erlebt und selbst das Haus knackt ein paar Mal als die Spannung im über 150 Jahre alten Holz der Kälte nachgibt.

- Der große Ofen ist richtig heiß - nur einen kurzen Moment kann ich ihn mit den Fingern antippen ohne mich zu verbrennen. Um die Ecke knistert, flackert,  knastert das Feuer bei offener Luke im Küchenofen seine Unterstützung und strahlt seine Hitze ab. 
So tiefdunkel und lebend habe ich sein Gusseisen nie vorher erlebt.

- Und nur in ein paar Metern Abstand in jede Richtung, auf der anderen Seite der Holzwand, so ist die Welt fast greifbar lebensfeindlich.
Ich komme mir plötzlich vor wie auf dem Schiff in einem tosenden Sturm.
Aber hier, hier ist es bis auf das Feuer völlig lautlos, denn die Luft ist wintermondkälteschwer und nicht sommersonnenwärmeleicht. 
Selbst die Geräusche scheinen zu erstarren.

- Die beiden Öfen verlangen nach mehr Holz. Ich schnappe mir die beiden leeren Körbe, steige in die Stiefel, gehe bei mittlerweile Minus 26 Grad zum Stall um neue Vorräte zu holen. 


- Und wie immer wenn es wirklich kalt ist, so ist die Luft trocken und gut zu vertragen, sauerstoffreicher als an einem heißen Sommertag und wie so oft, so fängt der Sternenhimmel meinen Blick sobald ich aus der Tür steige für eine Weile, ich bleibe mitten auf der kleinen Lichtung  stehen und schaue einfach nur mit dem Kopf im Genick ins All...


- In solchen Nächten so zeigt sich dieser Platz in seiner wahren Art und entfaltet eine wundervolle, märchenhafte und überreiche Pracht.



- Und plötzlich, so wird mein Dasein für ein paar Augenblicke zu einem lebendigen Winternachts-Traum...

***

14. Dezember 2009

Zufälliges

Gibt es ihn, den Zufall der aus heiterem Himmel geschieht, oder scheint es ihn nur zu geben?

-Ja, die „alte“ Frage hat schon viele vor mir beschäftigt. Mir selbst ist ja auch schon so Einiges zugefallen und das Erstaunliche, im Rückspiegel betrachtet so hat es immer gepasst, konnte gar nicht anders sein.

- Da in meinem Welterleben auf eine, wenn auch meist undurchschaubare, Art alles miteinander verwoben ist, so passt auch der Zufall in dieses Gewebe, schafft ihm ein Muster, und geschieht nie grundlos einfach nur so. Nichts in dem Lebensgewebe ist ohne Verknüpfung.

- So wie heute, denn der „Zufall“ wollte es, dass ich genauer wissen wollte wann ich denn diesen Blogg begann und zu meinem Erstaunen sah ich: heute ist es auf den Tag genau zwei Jahre, seit dem ich hier schreibe!

Heute ist also Geburtstag angesagt!

- Und zu einem Geburtstag gehören Blumen und diese hier, die schenke ich Dir und mir!


- Es ist „The last rose of summer“ die noch im November blühte hier oben auf „Svenserum“ bevor der Frost sie eines Nachts in seine kalten Arme nahm und entführte...

-Selten, dass ich Dich Leser-in hier unmittelbar anspreche, aber heute ist ganz einfach zur Feier des Tages eine Ausnahme.

- Ich will mich bei Dir, welche-r dies gerade auf dem Schirm vor Augen hat bedanken dafür, dass Du an meinen Gedanken teilnehmen willst und hoffe, Dir den ein oder anderen Gedankenanstoß, Idee oder einfach nur Kurzweil hab schenken können.

Manfred alias Kap Horn

(bei dem es eben "zufällig schwarz" wurde, kein Strom mehr im ganzen Schiff, gerade als er diesen Beitrag gespart hatte. Zu allem Überfluss hat es auch noch nach einem schwelenden Kabel auf der Brücke gerochen. Nun sind wir wieder auf "normaler" Fahrt.)


12. Dezember 2009

Gehacktes

Da war ich also beim Holzhacken.

Die Arbeit mit der schweren Spaltaxt hat mir schon immer auf eine besondere Art gefallen denn es ist ein „altes“ Geräusch das durch den Wald hallt wenn mit hellem Klang ein Stück Holz zerspringt.
„Das hier hat weder Zukunft, noch ist es eine wirkliche Alternative für die heutige Zeit.“ So ging es mir dabei durch den Kopf. „Es ist nur für mich eine Möglichkeit.“ Ja, der schwerste Weg für uns Menschen, ist wohl der Weg „zurück“, sollte er überhaupt existieren.
Klock!
Hätte ich eine feuchte Zelle mit einem kleinen Fenster bewohnt, so wäre mir das „Torp“ wohl fast wie eine Villa vorgekommen. Aber ich habe ja einen anderen Vergleich und da verschieben sich die Relationen.
Klock!
Das Leben mit Strom, fließend kaltem und sogar warmem Wasser, mehr bewohnbarer Raum der vor allem in der dunklen Jahreszeit wohltuend ist, der für die meisten selbstverständliche Zugang zu Internetz, Fernsehen und all die anderen „Bequemlichkeiten“ und Werkzeuge welche der Strom uns im Überfluss möglich macht und die ich ja kenne ist ein „reicheres“ Leben, ohne Zweifel.
Klock!
Hier mache ich zwei Tannen in ihren besten Jahren den Gar aus, und die Energie wüde reichen um einen ganzen Winter hier zu verbringen, reichte zum Heizen und Kochen und Warmwasser aber nicht mehr. Ja, die Energie ist der springende Punkt für alle unsere Fortschrittlichkeiten. Und da vor allem die elektrische Energie.
Ohne sie ist unsere Lebensführung in allen Bereichen eine Unmöglichkeit. Vor allem in der Stadt.
Klock!
Will ich wirklich auf all das Verzichten? Nein!
Kann ich ohne klar kommen? Ja!
Klock!
Na ja, das ist zumindest ein beruhigendes Gefühl. Das Stück Holz ist recht dick und zäh wegen vielen Ästen, deshalb jetzt ein Schlag auf den ich mich konzentrieren muss und der saß.
Klack!
Der Klotz zerbirst in zwei Hälften, die Spannung ist heraus und die nächsten Stücke sind einfacher.
Klack! Klack!
Geviertelt und den nächsten Klotz auf den Baumstumpf.
Klock!
Dabei bin ich ja ein reicher Mann, habe genug Energie für das einfache Leben für die nächsten 20 Jahre, und neue wächst nach. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der Nachwuchs für Beständigkeit tatsächlich ausreicht.
Klock!
Wie schon gedacht, das hier ist keine Alternative, nicht wirklich. Aber welche ist es denn, die Alternative die Bestand hat? Keine Ahnung, um ehrlich zu sein, oder fast keine. Sparen, ja, das kann nie verkehrt sein!
Klock!
Denn meine „alternative“ Energie reicht noch immer, obwohl kaum Tageslicht, obwohl kaum Wind selbst nach Wochen noch immer für die Beleuchtung aus weil die Birnen so wenig verbrauchen..."state of the art" hier oben im Wald! Schmunzel!
Und ohne Licht, so wäre das Dasein um diese Jahreszeit ganz einfach trostlos.
Das will ich nicht!
Klack!
Oh, der ging ja schnell entzwei! Ja, wie mag sich wohl unsere Zukunft gestalten, oder gestaltet werden in Kopenhagen. Vielleicht ist es nicht nur eine Frage des Klimawandels der Atmosphäre, sondern auch des Klimas am Verhandlungstisch.
Klack!
Wir können nicht miteinander um die Zukunft dieses Planeten schachern...also ist dieses Gefahrenbild zugleich eine Möglichkeit die gesamte Menschheit sich näher kommen zu lassen, zusammenzurücken und neue Wege um zu Vereinbarungen zu kommen auszuprobieren.
Klock!
Nanu, auch hier ein Ast, innen im Holz!
Klack!
Na also. Und da reden alle von CO2 und hier hacke ich Holz und werde es verbrennen und...na ja, immerhin hier wachsen schon jede Menge kleine Bäume nach und eine Linde habe ich ja auch gepflanzt. Und in meinem Leben sowieso schon eine handvoll Obstbäume, eine Walnuss, eine Kastanie, eine Eiche, ein paar Ahörner die alle noch leben und wachsen.
Und außerdem, ein schlechtes Gewissen hilft eh sowieso niemandem.
Klack!
Ja, diese einfache Arbeit die „nur“ Körperarbeit ist, tut mir gut. Und so laufen die Gedanken ihre eigenen Wege im Takt mit den Axtschlägen, und soviel spüre ich: das hier ist richtige Arbeit.


- Und noch liegen viele „Klocks“ und „Klacks“ vor mir...

***

10. Dezember 2009

Glühendes Wasser

Endlich wurde der Himmel etwas höher, endlich ein Lichtblick.

- Die Woche zuvor saß ich nachts zwei Stunden bei nur ein paar Plusgraden draußen auf der Bank, nur um seit Wochen einen hohen Himmel über mir zu erleben.

- Auch wenn mir der offene Himmel tagsüber wirklich lieber gewesen wäre um der Sonne seit viel zu langer Zeit mal wieder „Hallo“ sagen zu können, so war der Novembersternenhimmel wie schon einmal beschrieben wieder ein atemberaubendes Erlebnis.

- Diesmal lichteten sich die Wolken jedoch schon am Spätnachmittag und an solchen Tagen, so verliert selbst die frühe Dunkelheit ihre Schärfe.

- Denn nur wenn die Wintersonne untergeht, so setzt sie nicht nur den Himmel in Brand, sondern bringt selbst das Wasser zum Erglühen.




7. Dezember 2009

Zuverlässige Energie

Nach sechs Wochen mit ganzen drei Sonnentagen und nur wenig Wind, so ist das Holz meine einzige eigene und verlässliche Energiequelle.

- Die Batterien reichen zwar für Beleuchtung noch immer aus, aber mehr auch nicht. Für drei Wochen ohne neue Ladung ist die Anlage berechnet, selbst mit einer Stunde oder zwei täglich mit dem PC, aber nicht für die doppelte Zeit.

- Und da standen sie, diesen beiden Tannen die mir Licht und Sonne nahmen und die größere der Beiden auch noch so nah am Haus, bei südwestlichem Sturm lag die Fallrichtung genau auf das Dach und die Windkraftanlage.

- Das bereitete mir einiges Kopfzerbrechen denn so geübt im Bäumefällen bin ich auch wieder nicht. Aber mit Hilfe eine Spannbandes, einem langen Seil, einem Keil und der passenden Windrichtung und einer Portion Herzklopfen, so fiel die ungefähr sechzig Jahre und 25 Meter hohe Tanne dann doch in die gewünschte Richtung.

- Ein großes Stück Himmel tat sich auf, als die beiden Tannen gefällt waren und zuverlässige Energie für zwei Winter und mehr liegen jetzt gehackt und gestapelt zum Trocknen.

- Was mir bei der Arbeit durch den Kopf ging, davon später mehr...




1. Dezember 2009

Der November liegt hinter mir!

Ja, endlich ist dieser graue Monat zu Ende und der Dezember mit Vollmond und Kühle hat seinen Einzug gehalten.

- Diesmal war es ein „schwerer“ Monat, denn mit nur 25 Sonnenstunden war er selbst für diese Ecke der Welt sehr, sehr grau.
- Wie schon geschrieben, so hat die Energie der Sonne und des Windes nicht ausgereicht für „Extravaganzen“. Aber immerhin saß ich nicht dunkel, Licht gab es noch immer.
- Und die Dunkelheit, sie fällt nicht hier oben im Wald, das tut sie in den Tropen wo eben noch die Sonne scheint und eine viertel Stunde später ist es Nacht.
- Nein, hier kriecht die Dunkelheit langsam aber unaufhaltsam. Sie kriecht unter den Tannen hervor, aus dem Tal herauf, aus den Ecken in den Zimmern streckt sie ihre schwarzen Spinnenfinger, schleicht über die Wiese, über den Teppich.
- Diesmal war es ja auch nicht schwer für sie sich zu verstecken, gab es doch viele Tage wo es selbst zur Mittagszeit nicht wirklich hell wurde.
- Spätestens um halb vier ist der „Tag“ zu Ende, denn es ist zu dunkel um noch draußen zu arbeiten und ohne genügend Energie für den Laptop werden die Nachmittage lang und länger. Aber dann ist allerdings auch die Zeit da, um der Dunkelheit zuzuschauen wie sie Überhand gewinnt über das knappe Tageslicht.


- Drei Uhr Nachmittags, und der Tag neigt sich.

***

22. November 2009

Ich sehe schwarz

Ja, leider im wahrsten Sinne des Wortes!

- Der letzte Monat hatte mal gerade ganze zwei! Sonnentage, ansonsten grau in Grau, Wolken die bis zur Erde hingen, mehr oder weniger viel Regen und auch der Wind hat sich nicht gezeigt.

- Kein Wunder also, dass nicht nur ich sondern auch die Batterien recht energielos geworden sind, und vor ein paar Tagen so wurde es ganz einfach dunkel. Als ich den Kühlschrank anmachte ist die Spannung zusammengebrochen und die Batterien wurden automatisch abgeschaltet.

- Das war’s dann, Dunkelheit breitete sich im Haus aus.

- Na ja, nach ein paar „Justierungen“ bekam ich zumindest wieder Licht zurück, aber an Kühlschrank oder Laptop ist nicht zu denken. Wie schwer das Leben in der dunklen Jahreszeit ohne Licht ist merkt man erst, wenn man „schwarz sieht“.

- Und Nichts ist plötzlich wichtiger wenn die Energie begrenzt ist als Licht ins Dunkel bringen zu können.

10. November 2009

Dunkler Regen

Getrieben vom Nordostwind kommt er, der erst graue, und dann schon viel zu bald wieder, dunkle Regen.

- Der Tag verfärbt sich seit zwei Wochen auch heute nicht über Grau hinaus, der Himmel hängt tief oder einfach nur noch tiefer.
Ich lebe auf Meereshöhe und dennoch zwischen den Wolken, und sie schlagen mir mit feuchten Tüchern nicht nur ins Gesicht...sondern auch auf mein Gemüt.

- Die Verwandtschaft ist da, aber nur zum Erahnen, denn die Spanne ist groß zwischen dem Frühlingsregen und seinem weit entfernten Spätherbstcousin.

- Und dabei ist die Zeit noch nicht da, wo er Nadeln ins Gesicht treibt, die Welt biester gestaltet, denn noch sind es 5 Grad Plus. Und doch, wenn erst der Schnee kommt, dann wird die Welt schon wieder heller.

Es ist nicht die Temperatur, es ist das Licht, das fehlt.

- Um ein wenig Widerstand zu leisten, um meine Gedanken positiv zu gestalten, so habe ich einen Nistkasten für Stare, Spechte oder Eichelhäher gebastelt, denn...der nächste Frühling kommt bestimmt!

- Und doch, so ist mir...


- nach einem Schnaps!

9. November 2009

Verblümt gesagt

Wenn die Lebensfreude aus irgendend welchen Gründen auf Sparflamme brennt, dann gibt es Eines, das uns Menschen immer wieder aufs Neue Freude schenkt.

- Der Anblick von blühenden Blumen tut uns in der Seele gut, denn es geht Hoffnung und Zuversicht und eine stille Freude von einer Blüte aus. Als die Welt nach dem zweiten Weltkrieg in Ruinen lag, Zerstörung das alltägliche Bild war das sich für viele bot, so weiß man, dass selbst von dem knappen Geld etwas übrig war um einen Strauss Blumen zu kaufen.

- Also...ich stelle hier einen Strauss auf den Tisch um dem dunklen November ganz einfach etwas von seiner Tristesse zu nehmen und eine Erinnerung an einen Sonnestrahl zu erwecken.

- Was wäre unsere Welt ohne sie?


7. November 2009

Tempowechsel

Wenn das Morgengrauen sich über den Tag erstreckt und dem Abendgrauen die Hand reicht, wenn der November sich von seiner „besten Seite“ zeigt, dann verlangsamt sich die Welt.

- Wenn die Sonne durch oder während ihrer Abwesenheit woanders glänzt, dann erlahmt das Leben immer mehr und alles wird schwerer. Jeder von uns kennt dieses Gefühl aber obwohl nicht neu, so ist es doch immer wieder gleichschwer sich diesem Rhytmus anzupassen.

- Dabei, denke ich, tut es unserer schnellen Welt mal ganz gut, etwas langsamer zu werden...


- Vielleicht hilft ja diese Melodie von Jan Johansson und Georg Riedel um den neuen Rhtymus leichter zu finden?

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29. Oktober 2009

Zeitiges

Ja, wir Menschen können sie erleben...die Zeit.

- Wir haben gelernt sie zu messen und versuchen nun, die Antworten zu finden auf die Fragen die sie uns stellt:
Was war, was ist, was wird?

- Eingeteilt haben wir sie schon lange. In Stunden, Tage, Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte und mittlerweile gar in Jahrtausende.

- Wir können die Zeit auf der Uhr ablesen denn wir sehen wie sich die Zeiger bewegen, das Pendel schlägt...oder aber auch, so wie gerade, ein Blatt vom Baum sich löst...!

- Eben noch war ich eingespannt in den Teil der Welt der seinen Beitrag leistet um uns die Energie für unseren Alltag zu liefern und jetzt finde ich mich langsam wieder in einer Welt die alt genug ist und Zeit genug hat um zu sehen wie ein Blatt von einem Baum fällt.

- Und diese Welt ist die Welt mit tieferen Wurzeln...

- Das Blätterfallen ist vor unserer Zeitrechnung geschehen, das wird auch nach unserer Zeitrechnung geschehen...tröstlich zu wissen, dass die Zeit uns überdauert denn...


- die Zeit an sich... ist zeitlos.

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22. Oktober 2009

Die dritte Erzählung


... und stand unter einem klaren Sternenhimmel neben seiner frisch gepflanzten jungen Linde. Er stand und schaute, glitt ins Gras, legte den Kopf in den Nacken, fühlte den Stamm am Hinterkopf und wartete. Worauf? Er wußte es nicht. Er schaute in den Himmel und irgendwann wartete er nicht mehr. Er schaute zum Himmel und irgendwann spürte er Taufeuchte auf den Lippen. Er dachte an das Wasser des Lebens.

- Er schaute nur mehr und in der Morgendämmerung sah er ihn wieder um die Wegbiegung kommen, den Mensch in der blauen Jacke und der blauen Hose. Nicht mehr eckig und fahrig waren seine Bewegungen, sondern ruhig und zielstrebig, Sie setzten sich auf die Bank, langsam wurde es heller auf der Lichtung, ein neuer Tag. Der Gast bat um ein Glas Quellwasser, trank bedächtig, Schluck für Schluck und begann zu erzählen:

- „Immer wieder hat es mich an diesen guten Ort gezogen. Oft ist mir jemand auf dem Weg hier herauf begegnet. Sie haben mir anvertraut, daß sie sich nicht auf die Lichtung verirrt hatten. Der Weg endet hier, doch es war keine Sackgasse, sondern ein stiller Hafen mitten im Wald. Sie haben gefunden, was sie nicht suchten und würden gern wiederkommen, hier eine Zeitlang Obdach finden.

- Der Nimmersatt und der Freßsack sind mir begegnet und erzählten mir von ihrem unstillbaren Hunger nach Leben und Liebe, von der Traurigkeit, daß Kuchen nicht satt macht, von der Sehnsucht wieder leicht zu werden und frei atmen zu können.

- Ein andermal kam mir die Konsumgierige mit dem gehetzten Blick entgegen, ständig zupften die Finger am Designerkleid herum und schließlich begann sie zu weinen, weil all die Dinge, die sie kauft, die Leere ringsum und vor allem das Loch innen nicht stopfen können. Wie glücklich sein müsse, wer eine so weite Wiese wie hinter dem roten kleinen Haus aushalten könne.

- Den Mehr-scheinen-als-sein hab ich getroffen, die Reifen an seinem Luxusschlitten waren alle platt. Er hockte daneben auf dem Wegmäuerchen und gab schließlich zu, wie gerne er selbst ein Rad wechseln können möchte, etwas mit den Händen schaffen, nicht immer das Rad schlagen müssen vor Leuten die einen vergessen oder einen einen aufgeblasenen Kerl schimpfen und neidisch herziehen, sobald man zur Tür hinaus ist.

- Dann einmal sah ich einen Mann, der stand unter einer Birke, hatte die Ärmel hochgerollt, befühlte seine Muskeln und als ich daherkam wurde er rot vor Scham. ‚Was nützt meine Kraftprotzerei, wenn ich schwach werde sobald es um die wirklich wesentlichen Dinge geht‘, hörte ich ihn murmeln, ‚und wenn ich mich vor etwas wie dem Holzspalten drücke, weil ich Angst habe, daneben zu hauen und schneller zu ermüden als der andere.

- Beim nächsten Mal kam mir eine Frau entgegen. Jedes Knacken im Dickicht ließ sie verschreckt herumfahren, sie ertrug die Stille nicht, redete ununterbrochen von ihrem Universitätsinstitut, von Kongressen zum Umweltschutz, von biologischen Experimenten, von lukrativen Strategien, die der Mensch nach Prinzipien der Natur optimieren sollte, daß man zum Beispiel die Selbstreinigungskraft der Lotosblüte für die Produktion beschichteter, schmutzabweisender Jalousien nutzten könnte. Als ich sie fragte, ob ihr hellrote Lotosblüten lieber sind oder dunkelrote, gestand sie mir, sie habe sie noch nie in freier Natur blühen sehen, denn sie fühle sich verloren in der Wildnis und habe solche Angst. Nur in ihrem Labor fühle sie sich sicher. ... nur wie lange, Stellen würden abgebaut.

- Ja, und dann der Herr in dem sündhaft teuren Anzug, den er sich durch einen Grasfleck verdorben hatte. Er lächelte verlegen und sagte, wieviel er darum geben würde noch einmal unbeschwert wie als Bub auf einen Baum klettern zu können, aber abgesehen von den lädierten Bandscheiben, er habe ja keine freie Minute und die Börse sei in Zeiten der Krise ein noch brutaleres Haifischbecken als sonst.“

- „Mh“ brummte der Hausherr, als der Mensch in der blauen Jacke schwieg, „ich war nur froh, diese unangenehmen Zeitgenossen rasch von hinten statt von vorn zu sehen. Und du meinst, sie haben hier etwas gesucht?“ „Vielleicht nicht gesucht, aber gefunden und das Verlangen nach dem einfachen Leben von hier mitgenommen“ entgegnete der Gast zögernd. „So hat es mir zumindest Frau Weisheit erklärt, von der ich dich herzlich grüßen soll und die dir ihren Segen schickt für – wie hat sie es gleich ausgedrückt? – ja, Segen, daß dein irdisches Paradies gedeiht, an dem du hier pflanzst und schaffst.“ „Oh, du hast Frau Weisheit getroffen? Sag ihr, sie ist jederzeit herzlich willkommen auf Svenserum, auch wenn ich gerade zur See bin. Ihr ist ja kein Schlüsselversteck verborgen. Noch schöner wäre es freilich, wenn wir uns wieder treffen könnten. Vielleicht im November schon? Wenn die Nebel ziehen wie die Gedanken. Auf der Bank mit dem Blick zur Espe mit der abgestorbenen Krone ist es dann schon zu kalt, aber am Feuer läßt es sich ja fast noch besser schweigen. Und du? Heute ganz ohne Gepäck, aber mit so viel Ruhe? Und das schlafende Kind?"

- „Du sorgst dich darum? Das Kind ist das Heimweh nach dem Paradies des Unbegreiflichen, ihr Menschen nennt es das Märchen. Ich gab es wieder einmal eine Zeit lang in der Obhut von Leben und Tod, nachdem ich mich selbst bei ihnen ausgeruht habe. Märchen schläft die Müdigkeit und Enttäuschungen der langen Wege durch die Welt weg, trinkt sich wieder am Wasser des Lebens satt und Leben und Tod lehren es Altes neu zu singen, erzählen und tanzen, wie sie mich, die Sehnsucht, immer neu sprechen und zuhören lehren. Willst du mitkommen, wenn Märchen und ich wieder in die Welt ziehen? Als erstes werden wir Frau Weisheit besuchen. Ein Musikant fehlt uns noch, dann sind aller guten Dinge drei. Und du denkst ja wie wir; die Gaben von Frau Weisheit kann man nicht kaufen und nicht verkaufen, wenn sie auch nicht umsonst zu haben ist, sondern oft ein ganzes Leben kosten. Schlägst du ein, kommst du mit – gastfreier Freund?“

- Die Sehnsucht hielt dem Hausherrn die Hand hin, legte ihm ihre blaue Jacke um die Schultern und...


...hier endet die Erzählung. Oder auch nicht, denn die Brücke zwischen den Welten ist geschlagen.
Ob sie trägt?
Das bleibt für jeden selbst herausfinden.

21. Oktober 2009

Die zweite Erzählung


...im Schein der letzten Sonnenstrahlen, die durch die Schneise vom Tal her auf die Lichtung fielen, sah der Mann einen bunten Ball über seiner Linde bersten und daraus einen Garten hochschweben. Unter dem durchsonnten Torbogen standen zwei Gestalten, die ihm winkten heraufzusteigen. Stufe um Stufe formte sich unter seinem tastenden Fuß eine durchsichtige Treppe, versank hinter ihm wieder. Eine ungekannte stille Freude machte ihn so leicht, daß er zuletzt schwebte, nicht mehr stieg, zog ihn doch etwas in und vor ihm zugleich unwiderstehlich nach oben.

- Die beiden Gestalten streckten ihm die Arme entgegen, zogen ihn durch das Tor und es schloß sich hinter ihm. Sie nahmen ihn in die Mitte und wanderten mit ihm durch Wiesen, Felder, auf verschlungenen Wegen durch lichte Gehölze und Hecken, dann wieder zwischen Beeten hindurch, die überquollen von Fülle. Fülle an Farben, Früchten, Düften. Nie gehörter Wohllaut drang in seine Ohren. Und die Luft! Es war, als atme er die Perlen von Champagner und poche mit jedem Atemzug sein Herz noch leichter und noch freudvoller. „Ich will ewig so weiterwandern hier“, dachte er. Die beiden geleiteten ihn aber in immer engeren Spiralen schließlich in die Mitte des Gartens zu einer Bank unter einem großen Apfelbaum. Der schäumte von rosigweißen Blüten, war durchsummt von Bienen, Hummeln und Wespen, durchzwitschert von Vögeln mit niegesehen buntem Gefieder, bog zugleich die Äste schwer von gelben, goldbraunen und roten Äpfeln bis zum Boden und dazwischen knospte es schon neu. Zu Füßen des Baumes quoll das Wasser des Lebens in ein Bergkristallbecken, frisch sprühten Tropfen auf des Mannes Gesicht und die Füße versanken in Moos und Gras. Vor unbändiger Lebenslust meinte er schier zu zerspringen. Er schloß die Augen, um sich zu fassen. Als er sie wieder öffnete, sah er in zwei Augenpaare – groß und erwartungsvoll. Zwei Gesichter ganz nahe vor seinem. Der Blick das Mannes wanderte scheu und zugleich voll Verlangen zu erkennen darüberhin, glitt weiter über die beiden Gestalten. Doch bald legte er die Hände schützend vor die Augen. Solche Majestät – wie sollte er das ertragen?

- Da hörte er zwei Stimmen, beide tief und voll, die einer Frau und die eines Mannes. „Schau uns an, schau, damit du erlebst und davon Zeugnis gibst.“ Der Mann schüttelte den Kopf: „Ich kann nicht begreifen.“
„Oh doch“ erhielt er zur Antwort „vertrau! Kannst du nicht schauen, so fühle.“
Eine weiche, schmale Hand ergriff seine Linke, eine knochige, große Hand seine Rechte. So geführt glitten seine Hände gleichzeitig langsam über die beiden Gestalten.
Rechts fühlte der Mann langsam den Körper entlang streifend warme Menschenhaut, Federn, rissige Rinde, Glätte von Halmen und Fangzähnen, Stacheln, Krallenschärfe, Schleim, Schuppen, Fell, Borsten, glatte Hauerspitzen, Hornpanzer, Wasserkühle, Gischt, Sand, Dornen, Pilzsamt, federnde Moospolster, Wellengekräusel, Ölschlieren, Tropfen, Eisnadeln, Glut ... Da im Nacken eine Flaumfeder, dort an der Schulter ein Stückchen Rehfell, in der Armbeuge Schlangenhaut, an der Hüfte glatte Buchenrinde .. Kaum hatte die Handfläche etwas ertastet, schon entglitt es, fühlte sie neues. Millimeter um Millimeter wandelte sich die Haut dieses Körpers unter dem sanft geführten Handteller.

- Links tasteten die Fingerspitzen des Mannes, unerbittlich gezogen, einen glatten Schädel, Augenhöhlen, Nasenbein, Kiefer, glitten über Schulterblätter, den S-Schwung der Wirbelkette hinunter, seine Hand wurde um Schlüsselbeine gelegt, um Rippenbögen, um Beckenschaufeln, bekam Kochen zu fühlen, glatte Gelenke bis hinunter zum Mosaik der Fußknöchelchen und Zehenglieder...
Noch immer hielt der Mann die Augen geschlossen. „Hast du uns erkannt?“ Der Mann nickte langsam, drückte einen ehrfürchtigen Kuß auf die weiche und die knochige Hand, die kurz auf seinem Kopf ruhten, sich dann entzogen. „Wir sind Leben und Tod. Du hast uns nun begriffen“, klangen die beiden Stimmen zusammen. Du hast unsere Leiber wirklich begriffen, unsere Haut aus der Fülle des Lebendigen gefühlt.“ Der Mann schauerte zusammen. Dann traten beide hinter ihn neben den Stamm des Apfelbaumes und legten ihm die Hände auf die Schultern. „Jetzt verschließ nicht länger Deine Augen!“

- Der Mann folgte der gebieterischen Aufforderung ohne Zögern, ein kalter Luftzug, etwas Dunkles in der hellen Wärme des Gartens. Der Tod hatte seinen schwarzen Mantel geschwenkt und vor dem Mann tauchten sie auf: Hunger und Durst, Krieg und Krankheit. „Diese sind unsere Schmerzenskinder“ hörte der Mann Leben und Tod hinter sich sagen. „Furchtbar sind sie diese unsere Kinder. Du hast geschildert, was es heißt ihnen zu begegnen. Um den Menschen zu helfen, haben wir noch sieben Töchter und Söhne gezeugt, du kennst sie gut aus eigener Erfahrung, in vielerlei Gestalt sind sie dir begegnet auf deiner bisherigen Lebensreise!“ Der Mann sah sie Hand in Hand auf sich zukommen: Freiheit und Einsicht, Phantasie und Mut, Hoffnung und Lachen und, in der Mitte der Geschwister, die Liebe.

- Tiefes Schweigen senkte sich über den Garten. Lange währte es, dann schwenkte der Tod noch einmal den schwarzen Mantel, während das Leben den Mann mit starken Armen umfing und die Hände über seinem Herzen verschränkte. Der Duft ihrer Haut und des Gartens mischten sich, der Mann sog ihn tief ein...

Heimweh und Sehnucht

Und hier wie versprochen die erste Erzählung...

- Könnte Sehnsucht das Heimweh nach dem Paradies des Unbegreiflichen sein? Mag es sein, wie es will....

- So einsam „Svenserum“ auch liegt, finden doch erstaunlich viele den Weg hierher. Bald nach dem bewegenden, wortlosen Sommerbesuch der alten Frau saß der Herr des roten kleinen Hauses spätabends noch auf der Bank. Da kam den Waldweg herauf ein Mensch in blauer Jacke und blauer Hose, im Arm ein schlafendes Kind. Er stutzte, blieb stehen.

- Zögernd folgte er dem einladenden Winken, kam näher, ließ den Rucksack von der Schulter gleiten, setzte sich schließlich, musterte den Hausherrn aus dem Augenwinkel, gab sich einen Ruck, legte ihm das Kind in den Arm, stand auf, zog die Jacke aus, bettete es hinein und deckte es – vorsichtig, um es nicht zu wecken – mit dem Halstuch zu.

- Dann ließ sich der Mensch daneben mit einem unterdrückten Stöhnen wieder auf die Bank sinken, band die Stiefel auf und zog sie von den geschwollenen Füßen. Kein Wort fiel. Unruhe ging von dem Menschen aus, fahrig strichen die Hände über die Knie, die Finger rieben eine Stoffalte. Stoßweise ging der Atem. Etwas wie spitze Nadeln hing in der Luft. Die Stille lastete. Nur der Schlafatem des Kindes kam und ging, leicht, hauchleicht.

- Immer wieder schauten die beiden auf der Bank zu dem vertrauensvoll schlummernden Geschöpf und harrten die ganze Nacht aus. Als es zu dämmern begann, stand der Mensch wieder auf, eckig und fahrig zugleich, schien etwas sagen zu wollen, drehte sich dann aber rasch um, ging barfuß zum Waldweg, löste sich auf in einem Morgennebelstreif. Die ersten Sonnenstrahlen stahlen sich durch die Baumkronen... Rucksack, Stiefel – das Kind, alles verschwunden.

- Der ruhelose, stumme Mensch in der blauen Jacke und der blauen Hose mit dem schlafenden Kind im Arm kam noch oft zur Lichtung. Wie oft? Da war keiner, der es hätte zählen können. Der Mensch ging jedes Mal barfuß ein paar tastende Schritte im Gras, trat unter die Bäume zurück, beschattete die Augen und ließ den Blick rundum schweifen. Jede Kleinigkeit nahm er wahr, das Licht, die Spuren der Jahreszeit, Tierlaute, Knacken im Unterholz, Blätterrascheln, das Fallen eines Zapfens, das gebremste Drehen des Windrades. Er sah einzelne, stehengebliebene Gräser sich neigen, er hörte die Zeit verrinnen und die Lichtung atmen. Jede Veränderung von menschlicher Hand bemerkte er, die Wände waren durchsichtig für ihn. Er sah den neuen Bretterboden im Stall und im Haus den Korb mit Holz, bereit zum Feueranzünden. Der Anflug eines wehmütigen Lächelns huschte übers Gesicht, als der Mensch das Windspiel vom Stallgiebel und einen vergessenen Apfel ins Gras fallen hörte. Hier war jemand daheim, er war es nirgends. Nie mehr traf er jemand an. Oder kam er nur, wenn das Haus stumm wartete wie er? Kurz rastete er jedes Mal auf der Bank, war dann plötzlich verschwunden.

- Eines Tages kam er wieder, an jenem pflaumenblauen Tag auf der Schneide, wo zum ersten Mal alles schattenlos durchsichtig offenliegt wie nur in der Zeit, wo das Herz des Sommers schon die ersten Schläge im Herbsttakt klopft und es nach Reifen und Fortziehen zu riechen beginnt. Doch diesmal trug der Mensch das schlafende Kind in einem umgebundenen Tuch und führte an den Händen ein Mädchen und einen Buben.

- Aus dunklen Fenstern schaute ihnen das kleine rote Haus entgegen. Das kleine Mädchen deutete mit dem Finger auf die große Wiese hinter dem Haus, die lag ganz im Hellen ... da arbeitete einer. Er setzte vier Stützpfosten für eine neu gepflanzte Linde. Deutlich war jeder Handgriff zu beobachten, selbst hier vom fernen Rand der Wiese, so klar war die Luft. Die Kleine schaute fragend hoch. Doch der Mensch hatte die Kinderhände frei gegeben und war fort. Neben ihr stand nur mehr ihr Bruder und runzelte nachdenklich die Stirn, eine steile Falte zwischen den zusammengezogenen Brauen. Dann drehte er sich entschlossen zu seiner Schwester und warf ihr den Ball zu, den er unter den Arm geklemmt trug. Hin und her flog der Ball und schließlich schlugen ihn vier kleine Fäuste so genau und wuchtig in Richtung des Mannes unter der Linde, daß der Ball hoch in die Luft flog, größer und größer wurde, zuletzt vom Aufprall aufplatzte und...

19. Oktober 2009

Wanderer zwischen Welten

Wenn alles läuft wie gedacht, dann bin ich nächste Woche irgendwann wieder an Land und wie immer, so führen mich meine Schritte in den Wald.

- Die Wochen an Bord sind intensiv und fordernd und die ersten Tage heißt es dann einfach „landen“. Das geht meinen Kollegen genau so, und wer die Möglichkeit hat, der schaltet für ein paar Tage einfach ab.
Und ich habe diese Möglichkeit hier auf „Svenserum“. Ich sage nur: „Ich bin angekommen“ und dann ist das Telefon aus und ich nicht mehr gefragt.

- Wer meiner Schreiberei gefolgt ist weiß, ich bin ganz einfach für ein paar Tage im wahrsten Sinne des Wortes ver-antwortungslos.

- Mit im Seesack habe ich eine neue Geschichte die ich geschenkt bekommen habe und die aus der gleichen Feder stammt wie die Geschichte vom „Weg“, vom „Wasserzauber“ und über „Sonderbares“.

- Ich habe das Zugeständnis bekommen sie mit zu teilen bevor ich sie einpacke, und deshalb hier schon ein kleiner Einblick...


„Ich habe Heimweh nach einem Land
in dem ich niemals war,
wo alle Bäume und Blumen
mich kennen,
in das ich niemals geh,
doch wo sich die Wolken
meiner
genau erinnern...“

(Hilde Domin)


- Weggefahren im Spätsommer, ankommen werde ich im Spätherbst, dazwischen liegen sechs Wochen mit viel Arbeit in einer anderen Welt die allerdings auch ihre klare Schönheit zeigen kann.

- Ja, auf eine Art bin ich schon zu einem Wanderer zwischen Welten geworden.


15. Oktober 2009

Eltern haften an ihren Kindern

Ja, es ist alles miteinander verhaftet. Nicht nur Eltern mit ihren Kindern.

- Manche Fäden sind sichtbar, andere fast durchsichtig wie ein Spinnengewebe und wiederum andere sind für uns unsichtbar.

- Da wir Menschen ja Zusammenhänge sehen und verstehen wollen so haben wir Apparate erfunden, die selbst das für uns nicht Wahrnehmbare sicht- oder hörbar machen. Ich habe an anderer Stelle schon einmal darüber geschrieben, dieses wahrnehmen Können und Wollen und den Kompass erwähnt, der ja den unsichtbaren Magnetismus aufzeigt.

- Und Keppler hat uns gezeigt, dass selbst die Sonne und Planeten von unsichtbaren Kräften zusammengehalten werden. Ich denke letztendlich kann es nicht anders sein für die Galaxien im Raum. Jede für sich und alle miteinander.

- Wenn man den heutigen Astronomen zuhört, dann dehnt sich das System noch immer aus, der Mond entfernt sich von der Erde, oder anders gesagt, die Kräfte, noch besser, die Zusammenhänge sind nicht statisch, sondern dynamisch.
Nur der „Zusammenhang“ als solcher bleibt bestehen.

- Was haftet an wem?

Das Blatt am Tautropfen, oder der Tautropfen am Blatt?

- Spielt die Antwort denn wirklich eine Rolle?


14. Oktober 2009

Der Nase nach

Geruch und Erinnerung sind unweigerlich miteinander verknüpft.

- Die Nase spielt eine größer Rolle in unserem Leben, als uns meist bewusst ist. Das reicht von: „Ich kann Dich nicht riechen“ bis hin zu naseweis sein. Man kann sie in alles Mögliche stecken, und manches kann einem an der Nase vorbeigehen. Wir können sie dem anderen lang machen, oder selbst eine bekommen. Pinocchios Nase wurde für jede Lüge länger und einen Stüber können wir auch drauf verpasst kriegen.

- Wir können wirklich und sinngemäß drauf fallen und wir können ihr folgen. Laufen kann sie sowieso von alleine, triefen wie Nebel von Zweigen auch.

- Wir brauchen sie zum Schmecken und letztendlich auch zum Riechen.

- Und einen Geruch den ich für mich immer mit Svenserum verbinden werde, ist der Geruch von Rauch. Aber nicht irgendeiner, sondern der von Tannenholz.

- Das Haus riecht immer ein wenig nach Rauch, selbst wenn es wochenlang leer stand und den Sommer über nicht geheizt wurde Obwohl alles geputzt und gewaschen ist, so bleibt ein leichter Hauch in den Wänden sitzen und empfängt mich immer wenn ich nach den Wochen zur See die Tür aufmache. Es riecht ganz einfach nach "Svenserum".

- Am Anfang war der Geruch von einem Tannenfeuer recht ungewohnt für mich, denn meist wird ja Birke verbrannt. Und da ich ganz zu Anfangs wirklich Probleme mit dem Küchenherd hatte, so hat er mir öfter mal das Haus mit Rauch gefüllt.

Aber nicht nur im Haus, auch draußen kann es manchmal sehr nach Rauch riechen.

- Die hohen Bäume lassen je nach Wetterlage den Wind nach unten wirbeln, drückt den Rauch zum Boden, lässt ihn über die Lichtung schweben ehe er sich zwischen den Bäumen auflöst.


- So wird für den Rest meines Lebens der Geruch eines Tannenholzfeuers sobald er mir in die Nase steigt mich an "Svenserum" erinnern.